Archive : Juni

Obermoschel – Stahlberg – Rockenhausen

Gestern habe ich einen Rückfall bekommen. Es ist aber nicht so schlimm wie nach Christi Himmelfahrt. Nach kurzem Zögern setze ich meine Wanderung fort.

Ich beginne an der Burgruine von Obermoschel. In der Nacht gab es Gewitter und Regen. Die Luft ist herrlich, klar und frisch. Die Burgruine erinnert mich an einen griechischen Torso. Zwischen den Gebäuderesten stehen Bäume und gepflegtes Grün. Von der Ruine aus ziehe ich gen Osten.

Wieder ist der E8 nicht ausgeschildert. Ich orientiere mich an dem pfälzischen Höhenweg, der sehr gut markiert ist. So geht es von Hügelkamm über kleine Täler zum nächsten Hügelkamm. Es geht durch Eichen- und Buchenwälder und über Getreidefelder, die zum Teil schon hüfthoch gewachsen sind.

An den Feldern fällt mir eine bestimmte Vogelart auf. Ein kleiner Vogel, der immer wieder auffliegt und sich wild flatternd in den Wind stellt, so dass er fast in der Luft steht. Dabei zwitschert und singt er wie verrückt. Feldlerchen im Singflug, die so ihr Revier markieren und gegen mich verteidigen. Da der Wind heute frisch und kräftig bläst, haben Sie Mühe die Position zu halten. Aber gesungen wird bis zum Schluß. Eindeutig für mich mein Tier des Tages.

Heute ist mein erster mückenfreier Tag. Ich bin mir nicht sicher, ob es am kräftigen Wind liegt oder an dem Autan, das ich heute morgen aufgelegt habe, oder vielleicht doch an den nächtlichen Gewittern. Ich weiß es nicht, aber ich genieße das ungestörte Wandern.

In dem kleinen Ort Stahlberg hat leider die Gastwirtschaft noch nicht offen. Ich lege mich auf einer Bank unter einer Eiche in den Schatten und schlafe ein bisschen.

Eine andere Premiere erlebe ich heute auch: ich begegne den ersten drei wandernden Menschen. Ich bin also doch nicht ganz allein unterwegs. Ansonsten kann ich jedem empfehlen, der mal alleine sein will, gehe an einem Wochentag auf einen längeren Wanderweg in der Nordpfalz.

Gegen Abend erreiche ich hungrig und müde Rockenhausen. Zuerst suche ich nach einer Unterkunft via booking.com. Aber alles, was ich angezeigt bekomme ist mehr als 8 Kilometer entfernt. Dazu habe ich heute keine Lust mehr. Den ersten Passanten, den ich fragen kann, sagt mir das alle Hotels in Rockenhausen insolvent sind und er auch leider keines weiß.

Schon komisch, weil klein ist Rockenhausen nicht. Doch in den lokalen Weiten des Internets finde ich eine Unterkunft in Rockenhausen. Und ein kleines Wunder geschieht, es ist eins der insolventen Hotels, das offen hat und wo ich sogar etwas gutes zu essen bekomme.

Ruine Montfort – Obermoschel

Eigentlich hatte ich heute morgen schwere Regenfälle erwartet, wie vom Wetterbericht angekündigt. Es war zwar bewölkt, aber kein Regen. Also ging es dann doch am Vormittag vom Montforthof aus los. Schnell merke ich, dass heute meine Beine schwer und müde sind von gestern. Dann passe ich immer auf, dass ich nicht zu schnell gehe. Lieber etwas langsamer.

Auch am Montforthof sind die Wegmarkierungen für den E8 nicht eindeutig bzw. fehlen ganz. Es scheint auch außer mir niemand den Fernwanderweg zu laufen. Schon merkwürdig. Auf dem E5 vom Oberstdorf nach Meran über die Alpen war das ganz anders. Ständig ist man jemandem begegnet und mit einigen hatten wir uns am Ende der Tour auch angefreundet und gemeinsam die Hüttenzimmer geteilt. Doch auf dem E8 bin ich alleine.

Vom Montforthof aus geht es durch den Wald. Ich schaue mir dabei auch die Ruine der Burg Montfort an, die auf dem Gipfel liegt. Die Burg liegt einsam im Wald. Der Bergfried ist restauriert und mit einer modernen Wendeltreppe ausgestattet. Oben angelangt habe ich einen schönen Blick über die Burg und den umliegenden Wald. Die Burg ist nicht vollständig wiederhergestellt, aber man kann den Grundriss und einige Gebäude und Mauern gut erkennen. Der Rasen ist gemäht und ein toller Platz für ein Waldpicknick mit Kindern oder der Liebsten. Auf dem Weg finde ich einen toten Siebenschläfer. Im Wald hört man immer wieder einen Kuckuck rufen.

Von der Ruine aus geht es Richtung Süden durch den Wald nach Obermoschel. Auch hier muss ich aufpassen, dass ich den richtigen Weg finde. Doch diesmal habe ich immer wieder Netzempfang und kann dank der Kompass Pro Anwendung feststellen, wenn ich doch den falschen Abzweig genommen habe.

Es geht durch einen lichten niedrigstämmigen Eichenwald. Ich werde wieder von Mückenschwärmen gejagt, diesmal gesellen sich sogar Pferdebremsen dazu. Ich fange an die Mücken zu verabscheuen. Der Weg ist mit kniehohen Gras bewachsen. Hier ist schon lange keiner mehr langgelaufen. Die Mücken freuen sich über mich, endlich eine Gelegenheit ihre zukünftige Brut gut zu versorgen. Ich fange an, mich trotz müder Beine zu beeilen. Ich möchte nicht für zu viele neue Mückengenerationen der Nährboden sein.

Dabei komme ich an einem großen hüfthohen und sehr emsigen Ameisenhaufen vorbei. Ein echtes Naturdenkmal!

Ich bin froh als ich aus dem Eichenwald rauskomme. Über Felder geht es abwärts in ein Tal, das nach Obermoschel führt. Obermoschel ist ein über 600 Jahre altes Städtchen mit einer funktionierenden Infrastruktur. Es gibt sogar ein großes Bekleidungshaus. Ich hole mir einen Döner und komme dabei mit einem Einheimischen ins Gespräch. Er ist in Obermoschel geboren und Anfang 40 Jahre alt. Als ich ihm vom Fernwanderweg E8 erzähle, ist er sehr erstaunt. Ich sei der erste, der über diesen Weg läuft und für ihn ist es eine Neuigkeit, dass der Fernwanderweg durch Obermoschel führt. Das glaube ich inzwischen auch, der europäische Fernwanderweg wird hier nicht benutzt und ist bei den Einheimischen nicht bekannt. Ich stelle mich auf eine einsame und ruhige Wanderung in der näheren Zukunft ein. Eine Wanderung für „Pfadfinder“. Am späten Nachmittag kommen dann die angekündigten Gewitter. Ich beschließe am nächsten Tag nach den Regenfällen weiterzuwandern.

Niederhausen – Schmittenstollen – Lemberg –

Heute hat meine Tochter Geburtstag und ich starte meine Wanderung auf dem europäischen Fernwanderweg E 8 von Niederhausen aus.

An der Brücke bei der Nahe-Staustufe sehe ich zum ersten und letzten Mal an diesem Tag die Wegmarkierung für den E8. Es bewahrheitet sich leider, dass eine überregionale Wegmarkierung hier nicht existiert. Für mich als Neuling auf dem E8 heißt dass, aufpassen und immer wieder kontrollieren, ob ich noch auf dem richtigen Weg bin. Leider gelingt mir das heute nicht sehr oft und am Ende des Tages bin ich im Ort Oberhausen angekommen, obwohl ich eigentlich nach Obermoschel wollte.

Aber eins nach dem anderen. Startpunkt war ja die Brücke und da war noch alles im Plan.

Ich laufe über die Brücke und dann folge ich rechts der Staustufe bis ich zu einem linken Abzweig komme.

Das lokale Wegenetz ist hervorragend ausgeschildert und so klassifiziert, dass Wanderer schöne Rundwege rund um Bad Kreuznach laufen können. Schon am Namen kann man die Dauer bzw. Schwierigkeit erkennen. So geht beispielsweise eine „Introtour“ meistens über drei bis vier Kilometer und dauert 1-2 Stunden bestens geeignet für den Einsteiger. Also orientiere ich mich am lokalen Wegenetz und wandere Richtung Bergwerk/Schmittenstollen. Es geht bergauf und nach 1 Stunde bin ich am Bergwerk. Heute ist am Bergwerk und der dazugehörigen Gastwirtschaft nichts los und alles ist geschlossen. Überhaupt bin ich heute alleine unterwegs. Es regnet leicht, aber nicht zu stark. Ich fühle mich seit langem wieder gut und fit.

Nur die immer wieder auftretenden Mückenschwärme sind lästig. Nach dem Schmittenstollen geht es stramm bergauf und nach ca. 100 Metern folge ich einem rechten Abzweig, der laut Karte einen schönen Panoramablick über das Nahetal verspricht.

Die Orientierung wird größtenteils dadurch erschwert, dass keine Verbindung mit dem Handy möglich ist. Meine tollen Karten-Apps sind leider nutzlos. Kaum bin ich auf dem Höhenweg mit Panoramablick auf das Nahetal habe ich wieder Netz und werde prompt auch angerufen.

Eine ehemalige Kollegin ruft mich an. Wie schön! Sie freut sich darüber, dass ich endlich gestartet bin, da ich eigentlich schon kurz nach Pfingsten loslaufen wollte, aber von einer rätselhaften Krankheit aufgehalten wurde. Bis jetzt konnte mir kein Arzt sagen, was ich habe, man konnte mir aber immerhin sagen, was es nicht war. Meine Kollegin hatte eine neue Idee: die Kriebelmücke! Ich habe mich heute Nacht hingesetzt und recherchiert. Es könnte wirklich was daran sein und ich hätte auf die Bisse dieser unangenehmen Mücken zusätzlich mit einer allergischen Reaktion und einer Virusinfektion reagiert, die mich immer noch beschäftigen. Tatsächlich sind diese Insekten inzwischen in der Rheinland-Pfalz immer mehr bekannt dafür, auch auf Menschen loszugehen, da ihre eigentlich bevorzugten Wirtstiere – wie Pferde – immer seltener werden. Also Achtung! Auch heute haben mich immer wieder Mückenschwärme im Wald verfolgt.

Meine Kollegin fragte mich, an was ich alles denken würde und ob ich jetzt glücklich sei. Ich musste an vieles denken und glücklich war ich heute nicht. Aber am Anfang einer Wanderung überrascht mich das nicht, es dauert immer ein paar Tage bis ich im Flow bin und eine Art meditativen Zustand erreicht habe. Vorausgesetzt ich muss nicht ständig aufpassen, dass ich den richtigen Weg verpasse …

Nach dem Panoramaweg nehme ich den direkten Weg zur Lemberg Hütte hoch. Dort mache ich dann Rast. Auch diese Hütte ist heute geschlossen.

Von der Lemberghütte aus wandere ich in Richtung Silbersee und dann …. Ja und dann habe ich den E8 verloren. Immer wieder bin ich umgekehrt, aber letztendlich habe ich mich verlaufen und nach Stunden bin ich dann in Oberhausen gelandet. Dort hat mich dann meine Tante mit dem Auto abgeholt. Es gibt zwar auch dort kein Netz, aber am Dorfbrunnen hat eine gute Seele sein WiFi nicht gesichert und ich konnte meiner Tante eine WhatsApp Nachricht mit Ortsangabe senden. Vielen Dank an den unbekannten Wohltäter und meine Tante!

Der heutige Tag war gut zum Einlaufen. Morgen werde ich versuchen, den E8 an der Stelle zu finden, wo ich verloren gegangen bin und von dort aus weiterlaufen.