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Im Altmühltal: Solnhofen – Mörnsheim – Dollnstein

Ich frühstücke heute morgen in einer Café Bäckerei in der Altstadt von Solnhofen. Es herrscht bereits reger Betrieb und viele Tische sind von Tagesausflüglern besetzt, die sich hier sammeln. Die Bäckerei liefert gute Waren und ich kaufe mir gleich noch eine Brotzeit für unterwegs. Von meinem Tisch aus kann ich die sogenannte Sola-Basilika sehen und entscheide mich spontan diese zu besuchen.

Solnhofen ist ein Hot Spot der Geschichte! Das war mir persönlich gar nicht so bewusst. Es fängt schon mit der Geologie und Archäologie an. Hier gibt es sehr viel Kalkboden aus der Zeit als in diesem Teil der Erde ein Lagunenmeer war. Man hat hier u.a. eine Versteinerung des Archaeopteryx schon gefunden, als noch gar nicht klar war, dass das der Urvogel ist. Als nächstes während der christliche Missionierungsgeschichte in Deutschland. Die Basilika aus dem 8. Jahrhundert ist eines der ältesten christlichen Baudenkmäler in Deutschland. Bevor man zur Basilika einbiegt, sieht man die Statue eines Mannes stehen. Dieser hat den Lithographiedruck erfunden, der besonders gut mit Solnhofener Kalkplatten funktioniert. Und heute? Mein Freund aus Wachenheim hat mir heute geschrieben, dass er in seinem Eigenheim auch Kalkplatten aus Solnhofen genutzt hat. Und es gibt bestimmt noch mehr Dinge in Solnhofen, die ich heute noch nicht entdeckt habe. Dabei ist der Ort wirklich nicht groß.

Auf dem Weg zum E8 muß ich nach der Basilika die Altmühl wieder überqueren, dabei fällt mir ein Bootsverleih ins Auge. Mann, das wäre doch schön, die heutige Tour nach Dollnstein in einem Boot zu erleben. 3,5 Stunden bis Dollnstein verspricht ein Schild. Es soll heute sehr warm werden. Die Aussicht gemütlich auf dem kalten Wasser die Landschaft zu erleben, wirkt sehr verlockend auf mich. Ich gehe zum Bootsverleih und frage nach einer Möglichkeit, heute vormittag in einem Boot mitzufahren. Die Dame bedauert: Es ist Samstag und alles ist komplett ausgebucht. Es sind wirklich viele Boote an der Anlegestelle und ich insistiere. Doch keine Chance.

Ich wandere aus dem Tal raus auf die Höhe und komme auf einen Höhenweg an der Altmühl entlang. Hier ist das Tal relativ eng und es geht steil den Hang hinunter. Einige markante Felsformationen lockern das ganze auf. Vom Fluß her höre ich immer wieder Schreie und Juchzer. Ich kann die ersten Menschen sehen, die heute auf Booten die Altmühl herunterfahren. Mann, sind das viele! Es sieht aus wie eine lange Reihe von Booten. Manchmal fahren sogar drei oder vier Boote nebeneinander.

Heute geht es den ganzen Tag immer wieder runter ins Tal zur Altmühl und wieder rauf auf die Berghöhen. Runter an den Fluß heißt dann auch immer, es wird voll mit Menschen, die in Gasthäusern essen und trinken oder Radfahren oder Bootsfahrten unternehmen und dabei geräuschvoll sind. Rauf heißt, es wird menschenleer und ruhiger. Heute sind sogar mehr Spaziergänger unterwegs und ich treffe sogar so viele Wanderer wie in den ganzen fünf Wochen vorher zusammen nicht.

Auf dem Maxberg durchquere ich das Gelände der Firma, die seit über 150 Jahren die Solnfelder Kalksteinplatten erzeugt und in die ganze Welt exportiert. Mir gefällt das Label „in Litho Quality“. Ob mein Wachenheimer Freund seine Steine in Litho Quality gekauft hat? Ich glaube nicht, bestimmt werden diese einklassifizierten Steine nur für die Kunst- und Druckindustrie verwendet.

Nach dem Maxberg kommt Mörnsheim. Der Höhenweg kommt sehr nah an den Ort heran und man kann von oben alles gut und genau sehen. Und wieder einmal runter und dann gleich wieder rauf. Beim Raufgehen überholt mich ein Ehepaar, die mich heute schon eimal überholt hatte. Es ist ein wanderndes Ehepaar aus dem Siegerland, die mich auch wiedererkennen und die nächste halbe Stunde mit mir gemeinsam gehen. Sie fragen mich nach meiner Wanderung. Als er mich nach dem Gewicht des Rucksacks fragt, biete ich einen Rucksacktausch an, damit er das Gefühl selber erleben kann. Er lacht und wir tauschen die Rucksäcke. Sein Rucksack ist herrlich leicht, weil er nur für einen Tag Dinge schleppen muss. Es macht richtig Spaß mal wieder in Gesellschaft zu wandern und ohne Last geht das Wandern wie von selbst. Einen Träger zu haben ist schon eine feine Sache!

Wir unterhalten uns gut und nach einer halben Stunde wechseln wir wieder die Rucksäcke. Er lacht als er seinen eigenen Rucksack wieder trägt und sagt: „Der wiegt ja gar nichts!“. Dann verabschieden sich die beiden von mir als wir wieder im Tal sind.

Im Tal überquere ich auf einer Brücke die Altmühl und staune über die vielen Boote. Diesmal sind es Boote voller junger Männern mit entblößten Oberkörpern. Nach der Rötung der Haut zu schließen sind sie schon 2-3 Stunden auf dem Wasser. Durch mitgenommenes Bier bereits stark alkoholisiert. Und der Alkohol zeigt Wirkung, was ihre Risikoeinschätzung, Reaktionsvermögen und enthemmte Aggression anderen Booten gegenüber betrifft. Es passiert, was passieren muss: Ein Boot kentert! Ich hoffe, ihr könnt es auf dem Bild erkennen. Keine Sorge, es ist niemand zu schaden gekommen und die Abkühlung hat den Jungs bestimmt gut getan.

Es geht für mich heute ein letztes Mal auf die Höhe und ich wandere eine lange Flußschlaufe entlang. Es ist wirklich wunderschön hier oben und jedes Mal wenn ich Gekreische von der Altmühl höre, muss ich an das gekenterte Boot denken und an die Bootstour, die ich mal mit meinen Kindern und einer befreundeten Familie auf der Lahn unternommen hatte. Mein jüngster Sohn und ich waren auch gekentert. Alles – auch unser Gepäck – war damals total nass geworden. Der andere Familienvater hat dann immer gelästert: „Und habt ihr auch den charakteristischen Ruf des gemeinen Lahnreihers gehört?“. Gemeint hatte er damit, wenn ich den Namen meines jüngsten Sohnes brüllte, damit er ja sitzen bleibt und das Boot nicht wieder zum Kentern bringt.

Kurz vor 18 Uhr komme ich nach Dollnstein. Alle Gasthäuser sind ausgebucht mit Bootsfahrern, sogar die Essensplätze sind vergeben. Ich bekomme noch etwas Warmes zu essen, weil ich vor 18 Uhr angerufen habe.

Als ich heute ein letztes Mal die Altmühl überquere ist es schön ruhig (siehe Beitragsbild) Die Bootsverleihfirmen haben bereits alle Boote eingesammelt und aufgeladen und fahren sie wieder nach Solnhofen, damit auch morgen wieder möglichst viele Menschen die Altmühl auf dem Wasser erleben können.

Im Altmühltal: Treuchtlingen – Pappenheim – Solnhofen

Bevor es losgeht, versorge ich mich beim Lidl mit Getränken für unterwegs. 1 Liter Biomilch trinke ich gleich, vielleicht hilft ja das gegen Heuschnupfen.

Zuerst geht es am Biergarten vorbei auf eine Fußgängerbrücke über die Altmühl. Dann folge ich der Altmühl flußabwärts auf der linken Seite. Nach dem ersten kleinen Dorf auf der Route geht es hoch auf den Talrand und durch einen Buchenwald. Zur Mittagszeit komme ich in Pappenheim an.

Ich finde einen fränkischen Gasthof mit einer einfachen Karte, aber alles mit frischen und guten Produkten aus der Region. Es schmeckt mir. Auf einmal höre ich eine Tuba „I did it my Way“ spielen. Die Kellnerin, die auch Tochter des Hauses ist, klärt mich auf: Auf dem naheliegenden Friedhof findet gerade eine Beerdigung statt und wir können das Blasinstrument gut hören. Es folgen noch die Stücke „What a wonderful world“ und „Von wunderbaren Mächten gut geborgen“. Alles Stücke, die mir auch gut gefallen. Ich würde noch „When I’m gone“ dazu nehmen. Ein bisschen skurril finden es die anderen Gäste, es sich bei Begräbnismusik schmecken zu lassen.

Pappenheim ist ein kleines hübsches Städtchen mit Burgruine, einem historischen Stadtkern und einem Freibad, das ich natürlich besuche.

Da heute kein „Megawedder“ ist, wie die Kellnerin meinte, ist das Freibad nicht voll. Das Bad ist überschaubar groß und hat viele Einrichtungen, wie eine Rutsche, 50-Meter-Bahn oder Beachvolleyballfelder. Ich schwimme ein paar Bahnen.

Auf einmal höre ich wie ein Sänger singt. Live. Andere Mitschwimmer machen mich auf eine Hochzeit aufmerksam, die gleich neben dem Freibad stattfindet. Die Hochzeit findet in der „Weidenkirche“ statt. Den Namen der Kirche kann man wörtlich nehmen, denn die Kirche ist aus Weiden konstruiert und zwar lebenden. Ich kann vom Freibad einen Teil der Zeremonie mitverfolgen. Die Kirche ist wie gemacht für Corona-Zeiten und schönem Wetter. Die Weiden werden jedes Jahr einmal runtergeschnitten und wachsen dann hoch. Ende August sollen sie dann bis zur Spitze hochgewachsen sein.

Mir gefällt es in dem Freibad. Ich werde auch immer wieder Zuschauer von kleinen Szenen: Eine dicke Mutter ist ganz eifrig dabei, dass all ihre Kleinen die Seepferdchenprüfung ablegen. Zuerst wird geübt und dann der Bademeister für die offizielle Prüfung geholt. Ein kleines – vielleicht vierjähriges – Mädchen sagt frech zum Bademeister, dass er ja nur die ganze Zeit rumstehen würde, wofür er eigentlich da sei. Darauf wird der Bademeister offiziell und fragt: „Wer sorgt dafür, dass der Rasen gemäht ist? Wer sorgt dafür, dass die Büsche geschnitten sind? Wer sorgt dafür, dass das Wasser immer sauber ist? Wer?“ und schaut ihr dabei fest in die Augen. Die Kleine antwortet: „Das macht alles der liebe Herrgott!“ Ich muss laut lachen, als ich das höre. Der Bademeister schaut mich streng an und ich habe einen potentiellen Freund weniger im Leben.

Am Abend wandere ich weiter. Es geht wieder auf den Talkamm und ich komme durch eine Wacholderheide. Das Gras wird von Schafen beweidet und zwischendrin stehen immer wieder Wacholderbüsche. Die Sonne scheint jetzt angenehm warm und die steilen Weiden erinnern mich an die Almen in den Alpen. Es riecht sogar ähnlich.

Auf dem Weg treffe ich ein junges Pärchen, die auch eine mehrtägige Wandertour machen. Die ersten seit dem Berliner vor 13 Tagen Sie haben alles für ein Übernachten im Freien dabei. Sie wollen ihre Biwak-Ausrüstung testen und dann auf ihren geplanten Irlandurlaub nutzen. Für die beiden bin ich auch der erste Wanderer, dem sie begegnet sind.

Gegen 19:30 komme ich in Solnhofen an, wo ich eine kleine Ferienwohnung für die Nacht finde.