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Im Donautal: Hammermühle – Wörth a.d. Donau

Die Wettervorhersage kündigt für heute Nachmittag starken Regen an. Ich breche früher auf als sonst und nehme diesmal den richtigen Weg. Erst geht es durch das Gelände des Regensburger Golfclubs und ich sehe die ersten Golfer ihre Schläge machen. Überraschenderweise fängt es jetzt schon an zu regnen. Ich ziehe mir die Regenkleidung über. Das Golfplatzgelände geht in den fürstlichen Tierpark über. Der Tierpark ist durch einen Zaun abgegrenzt, doch führt ein befahrbarer Weg rein und raus. Der Übergang ist mit einem Rost ausgestattet, um zu verhindern, dass die Wildtiere den Park verlassen. Ich muss an die Warnung des Wirtes vor den Wildschweinen denken. Tatsächlich ist sogar vor dem Tierpark ein Hinweisschild zum Umgang mit diesen Tieren angebracht. Ein bisschen mulmig ist mir dabei schon, als ich den Tiergarten betrete. Das letzte Mal hatte ich Glück und die Wildschweine haben mich ignoriert.

Der Tiergarten hat eine abwechslungsreiche Waldlandschaft und ich fange an mich zu entspannen. Mitten im Park sehe ich einen Gedenkstein für Franz-Josef Strauß, der in der Nähe bei einer Jagdveranstaltung gestorben war. Der Fürst von Thurn und Taxis war ein Bewunderer von dem umstrittenen Ministerpräsidenten Bayerns gewesen. Ich war Student in Erlangen gewesen, als er starb und kann mich gut an die unterschiedlichen Reaktionen auf seinen Tod erinnern: von einem der längsten Trauerzüge, die es jemals in München gegeben hatte bis zu spontanen Feiern der alternativen Szene, die freudig sangen: „Last Sekt und Korken knallen, die Sau ist endlich umgefallen!“. Einer echten Wildsau begegne ich im Tiergarten glücklicherweise heute nicht.

Nach dem Tierpark passiere ich verschiedene Waldstücke und Feldfluren. Der Sommer scheint zu Ende zu gehen. Die Eicheln fallen bereits zu Boden und die Brombeeren am Wegrand sind überreif. Irgendwie schade und ich werde ein bisschen melancholisch.

Der Regen ist inzwischen Sonnenschein gewichen. Trotzdem beeile ich mich, um dem angekündigten Starkregen möglichst zu entgehen. Ich erreiche Ettersdorf, die einen tollen Kinderspielplatz haben. Es sind sogar Sandspielsachen vorhanden und für den Gründer des Spielplatzes ist eine Gedenkplatte aufgestellt worden. Das nenne ich mal Gemeinsinn und Dankbarkeit.

Nach Ettersdorf kommt der Ort Wisent, der am Flüsschen Wisent liegt. Gut gefällt mir das Schloß. Im Schlosspark trainiert ein Mann Boule mit ganz großen Kugeln. Er trifft immer. Ich applaudiere. Nach Wisent kommt der Ort Wörth an der Donau. Ursprünglich wollte ich ja gestern schon hier sein. Ich finde am Nachmittag eine Unterkunft und bin im Trocknen als es wirklich stark zu regnen anfängt.

Ich bin der einzige Gast im Haus und habe – inzwischen mein Standardzimmer – die Nummer 1 wieder bekommen. Der Gasthof hat das Prädikat „pilgerfreundlich“ und so sieht mein Zimmer auch aus. Es ist schlicht und als Lektüre steht das Neue Testament und die Broschüre „Bete Gott an und lebe im Sieg“ zur Verfügung. Irgendwie muss ich an meine Großmutter denken, die gerne in die Kirche gegangen und eine Zeitlang sogar Küsterin in Ihrer Gemeinde war.

Am Abend gehe ich in die Gaststube, um etwas zu essen. In der Gaststube ist der Stammtisch bereits versammelt. Dazu gehören hier nicht nur Männer, sondern auch eine alte Frau. Später kommt noch eine Schafkopfrunde dazu. Alle sprechen so stark oberpfälzischen Dialekt, dass ich fast nichts verstehe. Das stört mich nicht. Es ist wie ein Geräuschteppich im Hintergrund, wie eine lokale Hintergrundmusik der Eingeborenen und ich entspanne mich ohne von den lautstark besprochenen Themen abgelenkt zu werden. Das Essen schmeckt gut und frisch und ist preiswert. Ich lese die SZ. Ich fühle, weit weg von der Hauptstadt der Oberpfalz Regensburg bin ich wieder in der Provinz angekommen.

Im Donautal: Kelheim – Schneckenbach – Regensburg

Ab Kelheim ist der E8 wieder gut markiert, das beginnt schon direkt im Ort. Es ist mir ein Rätsel, wann es gut markiert ist, wann weniger und wann überhaupt nicht. Heute ist der Weg gut markiert. Wir brechen am frühen Morgen auf, überqueren den Main-Donau-Kanal und direkt nach Kelheim geht es durch den Wald auf die Höhe. Wir wandern die ganze Zeit im Wald und schnell erkennt auch Aloha: auf dem E8 bist du wirklich alleine, uns begegnet nur noch ein anderer Mensch. Na, ganz alleine sind wir nicht, die Mücken und Bremsen sind unsere ständigen Begleiter…

Manchmal unterhalten wir uns intensiv und manchmal gehen wir ruhig unseres Weges. Aloha ist eine gut durchtrainierte Ausdauersportlerin, die leichtfüßig immer mal wieder das Tempo anzieht und dann aus meinen Blick entschwindet. Aber das stört mich nicht, ich bleibe in meinem Rhythmus. Bei Wegmarken finden sind wir aber spätestens immer zusammen und das ist gut so. Zwei Augenpaare sehen halt doch mehr als eins. So kommt es, dass wir uns heute nicht verlaufen und das trotz der fehlenden Netzverbindung und Wanderkarten.

Es ist immer noch schwül und wir kommen durch einen schönen Buchenwald zur Mittagszeit im Örtchen Schneckenbach an. Leider gibt es hier keinen Gasthof, nur eine kleine Kapelle, ein paar Wochenendhäuser und einen Bochumer Zugereisten. Es gibt für mich – überraschenderweise – in dem kleinen Dorf zwei Bushaltestellen und ein Bushäuschen. Aloha liest den Fahrplan und meldet: „da fahren Busse heute“. Echt? An einem Sonntag? In einem Schlafdorf in der bayrischen Provinz? Das gibt es doch niemals! Tatsächlich, es fahren Busse und der nächste kommt in 15 Minuten. Mir fällt auf, wie eine grauschwarze Regenfront aus Richtung Westen auf uns zukommt. Huh, die vom Wetterbericht angekündigte Regenfront naht! Und nach Regensburg sind es noch mehr als 20 Kilometer und die nächste Zugstation ist auch noch 10 Kilometer weit weg von uns. Wenn uns der Regenguss ohne Gasthof trifft, dann kann unsere gute und entspannte Stimmung schnell umkippen. Spontan entschließen wir uns den Bus nach Regensburg zu nehmen und uns den Dom dort anzugucken.

Und das ist eine gute Entscheidung. Wir fahren mit dem Bus nach Osten und uns erreicht die Regenfront schon nach einer halben Stunde. Es kommt so richtig viel Wasser runter. Jetzt weiß ich, woher Regensburg seinen Namen hat.

In Regensburg gehen wir Italienisch essen (natürlich teste ich dort die Spagetti Bolognese, mein Rezept ist besser) und besuchen den gotischen Dom von Regensburg. Der gefällt mir besser als der Kölner Dom. Die berühmten Domspatzen singen heute nicht. Es regnet immer noch und wir beschließen ins Rhein-Main-Gebiet mit Alohas Auto zu fahren.

Die Fahrt über die Autobahn A3 ist geprägt von dem dichten Reiseverkehr, obwohl heute kaum LKWs unterwegs sind. Die Zeit vergeht wie im Flug, weil wir immer noch genug zum gegenseitigen Erzählen haben.

Am Fernbahnhof des Flughafens Frankfurt werde ich abgesetzt in der „Kiss and Park“ Zone. Einen Kuss gibt es nicht, dafür eine Umarmung und dann husch, husch fährt Aloha schon wieder weiter. So schnell, dass ich mein iphone in ihrem Auto vergesse. !Mala Suerte! Einmal nicht aufgepasst! D.h. heute gibt es leider keine aktuellen Fotos im Blog.

Ich nehme dann einen Zug und bin kurz vor 21 Uhr in Bad Kreuznach, wo ich von meiner Tante herzlich begrüßt werde. Innerhalb von fünfeinhalb Stunden bin ich wieder nach Bad Kreuznach gekommen, nachdem ich fast sieben Wochen gebraucht habe, um nach Regensburg zu gelangen. Zeit beim Wandern ist relativ: für mich sind die sieben Wochen wie im Nu vergangen.

Ich unterbreche für die nächsten zwei Wochen meine Wanderung auf dem E8 und fahre mit meinem jüngsten Sohn am Dienstag zur südlichsten Stadt Deutschlands, um dort unsere Verwandten zu besuchen und Ferien zu machen. Danach werde ich mich wieder melden. Seid mir bitte weiterhin gewogen und wünscht uns eine schöne Zeit im Oberallgäu!