Archive : Große Mühl

Im Mühlviertel: Neufelden – Sankt Peter am Wimberg

Neufelden hat eine gut erhaltene Altstadt. Bevor ich mich auf den E8 mache, schaue ich mir die gut erhaltenen Häuser am Marktplatz und der Hauptstraße an. Dann geht es runter an die Große Mühl. Zuerst am Stausee entlang und dann am Fluß. Es ist alles ruhig und idylisch, nur 2 Rentner machen ihre Kajaks fertig, um auf dem Stausee ein bisschen zu paddeln. Nach ein paar Kilometern treffe ich auf eine Wallfahrtskapelle, die 150 Meter abseits vom Weg liegt. Ganz idyllisch im Wald. Das Augenbründle spendet „heiliges Wasser“, das angeblich Augenleiden heilen soll. Ich trinke das heilige Wasser und es schmeckt gut. Die Kapelle ist der Heiligen Maria gewidmet. Im Gästebuch erkenne ich, dass ich nicht der erste Besucher heute bin. Direkt vor mir war eine Gruppe, die sich auf einen „buen camino“ befindet.

Der E8 folgt dem Mühlvierteler Mittellandweg (150), der immer mal wieder markiert ist und mir Orientierung gibt.

Es geht weiter die Große Mühl hoch. Heute ist schönstes Wanderwetter und das Wandern auf dem Weg direkt am Fluß macht richtig Lust. Bei einem Wasserwerk führt eine Brücke über den Fluß. Hier kann ich gut die Gleise sehen. Es fährt eine Bummellok im Tal hoch runter und das regelmässig! Passanten werden durch eine Zugpfeife gewarnt, wenn sie die Gleise überqueren. Nach sieben Kilometern erreiche ich den Punkt, an dem ich die Große Mühl verlasse und den Iglbach weiter hochwandere. Aber jetzt mache ich erst einmal Rast. Ich setze mich ans Wehr, ziehe meine Schuhe und Socken aus und halte meine Füße in das kalte Wasser. Ach, ist das schön! Ich esse noch einen Apfel und ein paar Minikekse.

Ich wandere den Iglbach hoch, der um einiges kleiner ist als die Große Mühl und durch dichten Wald führt. Der Weg ist steil und ich werde langsamer. Als ich den Wald verlasse, komme ich auf einen Hof zu. Der Hof faszniniert mich auf den ersten Blick: es ist eine riesige Ansammlung von Gerätschaften, Maschinen und sogar Autos. Beim Näherkommen erkenne ich, dass ein alter Mann im vordersten Auto sitzt. Schläft er? Ich kann es nicht erkennen, denn er trägt eine Sonnenbrille. Auf einmal steigt der Mann aus dem Fahrzeug und kommt mir entgegen. Es stellt sich heraus, dass er versucht hat, das Auto zu starten. Wir unterhalten uns. Schließlich lädt er mich auf ein Getränk und Sitzgelegenheit auf seiner Terrasse ein. Ich nehme dankbar an, denn es ist inzwischen ganz schön warm geworden.

Auf der Terrasse ist es dann richtig nett. Seine Ehefrau bringt eine ganze Auswahl an Getränken. Wir sitzen zusammen und unterhalten uns. Er hat richtig Schmied gelernt und das Wohnhaus steht direkt neben der alten Schmiede. Alles ist erhalten geblieben und er könnte es jederzeit wieder in Betrieb nehmen. Später hatte er dann in Linz in einer Schiffswerft gearbeitet. Jetzt genießen er und seine Ehefrau das Leben im Ruhestand. Beide sind sehr interessiert an meiner Wanderung, dabei stellt sich heraus, dass sie die Reihe Gernstls Reisen – wie auch ich – gerne ansieht. Ich erinnere sie an Gernstl und sie rät mir meine Blogberichte später als Buch zu veröffentlichen. Als die Sonne anfängt hinter den Bäumen zu verschwinden, wandere ich weiter. Sie hat sogar noch versucht im nächsten Ort für mich ein Zimmer zu organisieren. Aber der eine Gasthof hat heute Ruhetag und der andere Betriebsferien. Ich bin gerührt über die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft dieser beiden Menschen.

Am Abend erreiche ich Sankt Peter am Wimberg. Der Ort liegt wirklich auf dem Berg. Beim Gasthof, der heute Ruhetag, habe ich Glück. Ich erwische gerade noch den Wirt, der mir ohne große Umstände ein Zimmer gibt, und sich dann auf seinen Traktor schwingt, um zum Mähen zu fahren. Zu essen gibt es im Gasthof heute nichts. Ich erreiche aber noch einen Sparladen und kann mir etwas zu essen und trinken kaufen.

Im Mühlviertel: Lembach – Neufelden

Heute morgen erfahre ich, dass ab Montag die Coronaregeln in Österreich wieder verschärft werden, d.h. Maskenpflicht in öffentlichen Räumen. Heute ist noch keine Maskenpflicht in Gaststätten und Hotels. Viele Gäste nutzen das noch einmal aus. Ich bin der einzige, der mit Maske herumläuft, bei mir ist das Tragen inzwischen schon zur Gewohnheit geworden.

Der erste Teil der heutigen Strecke ist ein Zubringer zum E8. Ich vertraue der Kartenanwendung, dass mir ein guter Wanderweg dahin schon gezeigt werden wird. Zuerst geht es auf einen Seufzerweg, der Kurgäste mit den Schönheiten der Natur bekannt machen möchte. Aber schnell führt mich die App durch Waldabschnitte, an Wiesen und Bauernhöfen vorbei, wo schon lange kein Wanderer mehr gegangen ist.

Einmal muss ich durch eine hüfthohe Brennnesselschneise und das mit kurzen Hosen. Als Grundschüler bin ich einmal in einen Brennnesselwald gefallen, es hat gebrannt wie Hölle und ich hatte überall Quaddeln vom Nesselgift. Darauf hin hat mich meine geliebte Großmutter mit der Zukunftsaussicht getröstet, dass ich in meinem Leben keine Gicht und Rheuma mehr bekommen könnte, weil das Nesselgift dagegen helfen würde. Jetzt muss ich an meine Großmutter denken.

Ich komme an einer Wiese mit neugierigen Kühen vorbei, die auf mich zukommen und ein paar Schritte begleiten. Dabei fallen mir drei Kühe auf. Eine schnuppert der anderen am Hinterteil rum und besteigt sie dann von hinten. Die andere Kuh lässt es sich gefallen und bleibt stehen. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass diese Kuh zur Zeit paarungsbereit ist. Der Bauer müsste jetzt den Tierarzt zum Besamen holen.

Ich erreiche die kleine Mühl, einer der Flüsse die dem Mühlviertel ihren Namen gegeben haben. Ich laufe flussaufwärts und freue mich an dem vollen Fluß. Das Mühlviertel soll angeblich das wildwasserreichste Gebiet in Österreich sein.

In Doll überquere ich den Fluß und laufe südöstlich zur Großen Mühl nach Neufelden. Einem einzigen Mann begegne ich auf dem Weg nach Neufelden. Er steht an einem großen Haufen von Baumstämmen und sucht nach einem Eichenstamm, den er für den Bau eines Tisches braucht. Er trägt mich nach meiner Meinung, ob einer der Stämme eine Eiche sei. Viele Eichen habe ich heute noch nicht gesehen, hier gibt es mehr Nadelbäume und Ahorn. Er wohnt ganz in der Nähe und sucht schon seit ein paar Tagen.

Am späten Nachmittag komme ich in Neufelden an. Neufelden liegt zwar direkt an der Großen Mühl, aber bestimmt 70-80 Höhenmeter höher. Die letzten Meter haben es dadurch noch mal in sich und das mit dem Ziel direkt vor meine Augen. Neufelden selber ist ein hübsches Städtchen.

Ich habe Glück mit meiner Herberge. Die Wirtin ist sympathisch und gibt mir einen Upgrade auf das Zimmer. Das Zimmer hat einen tollen Ausblick auf die Große Mühl bzw. dem Stausee und ist großzügig geschnitten. Unter dem Hotel verläuft eine Wasserleitung, die zum Wasserkraftwerk führt, wo Strom erzeugt wird.

Stausee der Großen Mühl bei Neufelden

Es gibt sogar ein Hallenbad mit Whirlpool, das ich sofort ausgiebig benutze. Ich bin alleine im Hallenbad. Mein Muskelkater lockert sich, ich entspanne mich und fühle mich im Wasser federleicht. Meine Füsse fühlen sich an wie mit Wattekissen gepflastert. So ist das Leben schön und mir geht es gut!