Am frühen Morgen bewege ich mich von Seefeld nach Groß-Harras, um wieder auf den E8 zu kommen. Alles entlang einer befahrenen Landstraße. Aber durch die reichlichen nächtlichen Regenfälle ist die Luft klar und frisch und ich komme gut voran. Von Groß-Harras aus wandere ich über die Felder nach … In der Gastwirtschaft „Zum Bikerschani“ kehre ich Mittags ein. Der Wirt und seine Mannschaft (seine Frau und ein junger Mann namens Lukas) sind angespannt, da sie in Kürze eine Trauergemeinde erwarten, die vom nahgelegenem Friedhof kommen werden. Für zwei Getränke reicht es aber noch, nur die Unterhaltung ist nicht so entspannt. Von meinem Platz aus, kann ich die angerichteten Salatteller und einen Monitor sehen, der den Vorplatz der Gasststätte zeigt. Lukas will wissen, wie schwer mein Rucksack sei. Er darf ihn einmal heben. Der Wirt vom Bikerschani trägt eine kurze Jeanshose im Trachtendesign und ein schwarzes T-Shirt auf dem „Zum Bikerschani“ steht. Lukas hat auch so ein T-Shirt. Die schwarze Farbe ist wahrscheinlich dem traurigen Anlass geschuldet. Bikerschani macht mich darauf aufmerksam, dass mein Wanderweg heute durch den größten zusammenhängenden Eichenwald Europas führen. wird. Endlich kommt die Trauergemeinde und der Wirt begrüßt sie mit dem Hinweis: Maske beim Eintreten ja, die 3 Gs ja (aber Zeigen muss keiner, hier gilt noch das Ehrenwort), 5 Meter weiter im Trauerraum kann die Maske dann abgenommen werden. Ich bezahle und ziehe weiter. Ich habe mir heute vorgenommen bis Ernstbrunn zu kommen in der Hoffnung auf eine einfache Quartiersuche.
Es geht eine langgezogene Steigung Richtung Wald hoch, vorbei an dem obligatorischem Kellertrifft. Dann kommt der Eichenwald. Ich freue mich schon, da Hirschkäfer Eichen als Lebensraum brauchen. Vielleicht habe ich ja heute die Chance einen Hirschkäfer in freier Wildbahn zu beobachten. Ich komme in den Wald. Ich bin ein bisschen enttäuscht. Irgendwie hatte ich einen reinen Eichenwald erwartet, aber es ist ein Mischwald in dem es – zugegebnermassen – viele Eichen gibt.
Die Wegmarkierungen sind sparsam und der Weg gabelt sich immer wieder. Ich schalte die Wanderapp und folge ihr. Hätte ich das mal lieber gelassen: der Weg wird immer undurchdringlicher und verwachsener. Schließlich erreiche ich eine Landstraße. Aber auf der anderen Straßenseite sind nur Zäune und ich kann der Wanderappführung nicht folgen. So ein Mist! Also wieder Landstraße kilometerlang. Ich begegne einem 87-jährigen, der Wildblumen gucken geht. Er zeigt mir einen Türkenbund und fährt mich 2-3 Kilometer die Landstraße hoch und lässt mich an einer Stelle raus, wo ich wieder auf den E8 gelange.
Wieder geht es durch einen Wald, an einem Freigehege vorbei (Tiere sehe ich aber dort keine). Und auf einmal, auf dem letzten Stück Landstraße begegnet mir tatsächlich ein weiblicher Hirschkäfer (ich habe die Bilder gerade in Wikipedia miteinander verglichen). Wow! Ich bin ganz gerührt: das Krafttier der Familie Schröter. Und das hier, wo keine Eiche weit und breit ist.
Schließlich erreiche ich gegen 18 Uhr Ernstbrunn und gehe direkt zum Hauptplatz. Ich will jetzt möglichst schnell ein Quartier. Österreich spielt heute zum ersten Mal im Achtelfinale einer Fußball EM. Spätestens ab 19:30 ist kein Österreicher mehr für einen Wanderer zu erreichen. Ich erspähe zwei ältere Damen in einem Café. Die kennen sich bestimmt aus. Und tatsächlich sie können mir drei Unterkünfte nennen. Aber, wie verhext, alle sind ausgebucht. Ich komme frustriert wieder zum Café zurück. Die Damen erwarten mich schon. Ich darf mich zu Ihnen an den Tisch setzen. Sie sind sehr hilfsbereit und organisieren mir ein Zimmer in einem Ort, der 4 Kilometer weiter entfernt ist, aber leider nicht einfach zu finden. Frau G. bietet an, mich hinzufahren. Aber vor 19:30!!! Kein Problem, ich bestelle mir einen Eisbecher und wir unterhalten uns gut. Die zwei Hauptthemen sind die Unterschiede in der österreichischen und deutschen Sprache und allerlei Klatsch über Personen, die immer mal über den Platz gehen. Falls ich einen halben Tag mit dem Damen hier Kaffee trinken würde, wüsste ich wahrscheinlich über alle interessanten Personen in Ernstbrunn bescheid.
Gegen 19 Uhr fährt mich Frau G. zu meinem Quartier. Sie wartet sogar noch, bis die Wirtin die Türe öffnet und verabschiedet sich dann. Vielen Dank!