Archive : Mittellandweg

Im Mühlviertel: Sankt Peter – Waxenberg

Sankt Peter am Wimberg im Mühlviertel

Heute ist wieder schönstes Wanderwetter! Bei Sankt Peter geht es direkt auf einen Wanderweg, der durch sattgrüne Wiesen führt. Die meisten Wiesen hier werden gerade geheut. Manchmal ist die Wiese schon fertig abgeerntet, dann liegt das Gras gemäht am Boden und trocknet zu Heu oder ein Bauer mäht die Wiese und es riecht nach frisch gemähten Gras. Olfaktorisch ist das ein echter Traum!

Mir begegnet eine Wandergruppe aus österreichischen Damen. Sie haben leider keine Zeit für ein Gespräch und sind schnell unterwegs. Sie wandern den Granitweg. Die hauptsächliche zugrundeliegende Gesteinsart im Mühlviertel ist Granit. Oft kann ich Granitbrocken liegen sehen. Die Damen sind alle mit Teleskopstöcken ausgerüstet. Vielleicht sind sie ja deswegen so schnell.

Ich merke heute, dass ich im Kopf müde werde. Das Wandern läuft dann fast wie von selbst (insbesondere da ich ja jetzt digitale Unterstützung habe) und ich denke an alles mögliche.

Einmal führt mich die Wanderapp mitten durch die Wildnis, um mir nach einer halben Stunde zuzurufen: „Der Weg liegt 150 Meter links von dir!“. Die Warnung hätte ich vor dreissig Minuten gebraucht. Ich schlage mich links durch Wald und Wiese und tatsächlich ich bin in kurzer Zeit wieder auf dem offiziellen Wanderweg.

Mittags mache ich Pause und lege mich auf eine Wiese im Schatten von zwei Birken. Ich bin in einer Bilderbuchlandschaft: Die Sonne scheint, ein lauer Wind sorgt für Abkühlung, saftig grüne Wiesen, idyllisch gelegene Dörfer mit großen und neuen Häusern, tollen Gärten; sogar die Rindviecher, denen ich heute begegnet bin, wirken glücklich. Kein Wunder: sie dürfen ihre Hörner tragen, Muttertiere zusammen mit ihren Kälbern oder Schumpen sind auf einer großen Wiese mit Bach und – ich glaube ich träume – ich sehe sogar einen Stier! Die Kühe hier müssen nicht auf die künstliche Befruchtung durch den Tierarzt warten, wenn sie Nachwuchs haben wollen. Die Weiden erinnern mich an das Oberallgäu. Kaum habe ich das gedacht, entdecke ich sogar Silberdisteln.

Am Nachmittag erreiche ich Waxenberg. Auf dem Berg steht eine Burgruine. Die Herberge ist heute vom gehobenen Niveau, aber ich habe im Umkreis von 8 Kilometern nichts freies oder geöffnetes gefunden. Einige Herbergen machen jetzt ihren Betriebsurlaub, da in Österreich heute die Schulen wieder angefangen haben. Mein Zimmer hat sogar eine Badewanne! Seit letztem Jahr lebe ich in Bad Kreuznach bei meiner Tante in einer Wohnung ohne Badewanne. Früher habe ich in Wohnungen mit Badewanne gelebt und das vielleicht zwei oder dreimal im Jahr genutzt. Jetzt wo ich keine Badewanne mehr zur Verfügung habe, ist es für mich Luxus pur. Ich lasse mir als erstes eine Badewanne ein. Mir fällt ein, dass ich nicht nach dem Preis gefragt habe, und befürchte billig wird es nicht. Aber den Gedanken schieb ich auf morgen und lege mich in die Wanne.

Burgruine Waxenburg von meinem Zimmer aus

Mir geht es gut.

Im Mühlviertel: Neufelden – Sankt Peter am Wimberg

Neufelden hat eine gut erhaltene Altstadt. Bevor ich mich auf den E8 mache, schaue ich mir die gut erhaltenen Häuser am Marktplatz und der Hauptstraße an. Dann geht es runter an die Große Mühl. Zuerst am Stausee entlang und dann am Fluß. Es ist alles ruhig und idylisch, nur 2 Rentner machen ihre Kajaks fertig, um auf dem Stausee ein bisschen zu paddeln. Nach ein paar Kilometern treffe ich auf eine Wallfahrtskapelle, die 150 Meter abseits vom Weg liegt. Ganz idyllisch im Wald. Das Augenbründle spendet „heiliges Wasser“, das angeblich Augenleiden heilen soll. Ich trinke das heilige Wasser und es schmeckt gut. Die Kapelle ist der Heiligen Maria gewidmet. Im Gästebuch erkenne ich, dass ich nicht der erste Besucher heute bin. Direkt vor mir war eine Gruppe, die sich auf einen „buen camino“ befindet.

Der E8 folgt dem Mühlvierteler Mittellandweg (150), der immer mal wieder markiert ist und mir Orientierung gibt.

Es geht weiter die Große Mühl hoch. Heute ist schönstes Wanderwetter und das Wandern auf dem Weg direkt am Fluß macht richtig Lust. Bei einem Wasserwerk führt eine Brücke über den Fluß. Hier kann ich gut die Gleise sehen. Es fährt eine Bummellok im Tal hoch runter und das regelmässig! Passanten werden durch eine Zugpfeife gewarnt, wenn sie die Gleise überqueren. Nach sieben Kilometern erreiche ich den Punkt, an dem ich die Große Mühl verlasse und den Iglbach weiter hochwandere. Aber jetzt mache ich erst einmal Rast. Ich setze mich ans Wehr, ziehe meine Schuhe und Socken aus und halte meine Füße in das kalte Wasser. Ach, ist das schön! Ich esse noch einen Apfel und ein paar Minikekse.

Ich wandere den Iglbach hoch, der um einiges kleiner ist als die Große Mühl und durch dichten Wald führt. Der Weg ist steil und ich werde langsamer. Als ich den Wald verlasse, komme ich auf einen Hof zu. Der Hof faszniniert mich auf den ersten Blick: es ist eine riesige Ansammlung von Gerätschaften, Maschinen und sogar Autos. Beim Näherkommen erkenne ich, dass ein alter Mann im vordersten Auto sitzt. Schläft er? Ich kann es nicht erkennen, denn er trägt eine Sonnenbrille. Auf einmal steigt der Mann aus dem Fahrzeug und kommt mir entgegen. Es stellt sich heraus, dass er versucht hat, das Auto zu starten. Wir unterhalten uns. Schließlich lädt er mich auf ein Getränk und Sitzgelegenheit auf seiner Terrasse ein. Ich nehme dankbar an, denn es ist inzwischen ganz schön warm geworden.

Auf der Terrasse ist es dann richtig nett. Seine Ehefrau bringt eine ganze Auswahl an Getränken. Wir sitzen zusammen und unterhalten uns. Er hat richtig Schmied gelernt und das Wohnhaus steht direkt neben der alten Schmiede. Alles ist erhalten geblieben und er könnte es jederzeit wieder in Betrieb nehmen. Später hatte er dann in Linz in einer Schiffswerft gearbeitet. Jetzt genießen er und seine Ehefrau das Leben im Ruhestand. Beide sind sehr interessiert an meiner Wanderung, dabei stellt sich heraus, dass sie die Reihe Gernstls Reisen – wie auch ich – gerne ansieht. Ich erinnere sie an Gernstl und sie rät mir meine Blogberichte später als Buch zu veröffentlichen. Als die Sonne anfängt hinter den Bäumen zu verschwinden, wandere ich weiter. Sie hat sogar noch versucht im nächsten Ort für mich ein Zimmer zu organisieren. Aber der eine Gasthof hat heute Ruhetag und der andere Betriebsferien. Ich bin gerührt über die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft dieser beiden Menschen.

Am Abend erreiche ich Sankt Peter am Wimberg. Der Ort liegt wirklich auf dem Berg. Beim Gasthof, der heute Ruhetag, habe ich Glück. Ich erwische gerade noch den Wirt, der mir ohne große Umstände ein Zimmer gibt, und sich dann auf seinen Traktor schwingt, um zum Mähen zu fahren. Zu essen gibt es im Gasthof heute nichts. Ich erreiche aber noch einen Sparladen und kann mir etwas zu essen und trinken kaufen.