Am Morgen lerne ich den Wirt und die Frühstücksfee kennen. Alle sind sehr nett und aufgeschlossen. Der Wirt hat das Haus seit 17 Jahren gepachtet und sich damit einen Lebenstraum erfüllt. Es musste genau dieses Haus sein und er hatte damals aktiv bei den Besitzern nachgefragt. Er war erfolgreich und hat dann sein Leben geändert. Die Frühstücksfee kommt aus Worms und ist schon Großmutter. Um bei ihren Enkel in der Nähe zu sein, ist sie in den Bayrischen Wald gezogen.
Das Haus ist sehr bei Architekten und Designern beliebt. So geht es mir auch. Ich photographiere das Haus auch von außen. Der Blick ins Tal ist schön. Der Wirt fährt mich dann noch netterweise an den Einstieg des E8 in Maibrunn. Dabei kommen wir an der Sommerrodelbahn vorbei. Es sind schon viele Tagestouristen da. Der Wirt meint, dass bei schönem Wetter es sogar noch mehr seien. In Maibrunn verabschiede ich mich von ihm. Er geht jetzt noch eine Stunde Radeln und ich gehe den Rest des Tages Wandern.
Am Anfang habe ich Schwierigkeiten mich zu orientieren. Da, wo laut Karte der E8 langgeht, steht ein Familienhotel. Ein Familienhotel vom feinsten mit eigenem Kinderbetreuungsteil, Streichelzoo und einem Schwimmbad mit kolossaler Wasserrutsche. Wow! Da wäre ich als Kind auch gerne gewesen. Hier können Eltern ihre Kinder zum Bespaßen abgeben und haben endlich ihre Ruhe. Ich rätsele ein bisschen: die Eltern arbeiten und haben Kinder. Um mal gemeinsame Zeit zu verbringen, fahren sie in den Bayrischen Wald ins Familienhotel und bezahlen teuer Geld, um ihre Kinder unterhalten zu lassen. Naja, denke ich mir, dann wissen sie wenigstens wofür sie arbeiten. Ich muss dass Familienhotel weitläufig umgehen, um auf den E8 zu kommen. Wahrscheinlich war der E8 schon da, als das Hotel zum Familienhotel erweitert wurde und wurde deshalb verlegt.
Kurz nach dem Hotel kommt die zweite Attraktion der Gegend: Der Wipfelweg. Auch hier ein sehr großer Parkplatz und viele, viele Menschen. Der Wipfelweg ist ein Weg durch die Baumkronen, die in einem großen Turm münden. Von dort aus hat man einen tollen Blick in die Ebene nach Straubing. Es sind mir zu viele Menschen. Hundert Meter weiter auf dem E8 bin ich aber wieder ganz alleine.
Ich marschiere durch den Wald und es geht ständig bergab bis in das Dorf Obermühltal. Dabei begegne ich einer Stelle, an der man mit einer Zange, sich eine Markierung in seinem Wanderbuch stanzen kann (siehe Beitragsbild). Skurril, so was habe ich noch nicht gesehen. Bei den Pilgern auf dem Jakobsweg ist es üblich, sich eine Art Pilgerbuch abstempeln zu lassen. Das können sie z.B. in einer Kapelle am Jakobsweg machen lassen oder bei einer als Pilgerherberge eingetragenem Gasthof. Ich rätsele, wofür die Wanderer oder Pilger das Buch verwenden wollen. Als Leistungsnachweis zum Angeben? Als Erinnerungsbuch? Oder aus reiner Sammelleidenschaft? Mein Bruder und ich habe eine Zeitlang Streichholzschachteln in Frankreich gesammelt. Es war eine Art Urlaubserinnerung für uns, aber natürlich auch Sammelspaß.
In Obermühltal beginnt das Perlbachtal. Ich folge dem Perlbach abwärts durch das Dorf. Am Ende des Dorfes geht es auf die Höhe und die nächsten zwei Kilometer durch den Wald. In Hochsolln geht es quer durch das Tal auf die andere Talseite.
Es ist Nachmittag und ich würde gerne nach Grandsberg auf über 800 Meter hoch gehen und dort ein Zimmer nehmen. Ich telefoniere, um eine Unterkunft zu finden. Doch ich werde enttäuscht, die dortigen Herbergen haben alle geschlossen, weil der Zufahrtsweg gesperrt ist. Rundherum gibt es keine Unterkünfte. Ich plane um und laufe immer weiter bergab nach Schwarzach. So macht Wandern Spaß, das Wetter ist schön geworden und ich wandere in Richtung talabwärts mit schönem Blick.
Am Abend erreiche ich Schwarzach. Das größte Gebäude in Schwarzach scheint eine Brauerei zu sein. Das gegenüberliegende Rathaus wirkt im Vergleich dazu mickrig. Die Schwarzacher wissen schon, was so richtig wichtig im Dasein eines Niederbayerns ist.
Ich finde eine Unterkunft am Marktplatz.