Category : Europäischer Fernwanderweg E8

Vom Rhein an den Rand des Odenwalds – Worms – Bensheim

Heute ist es sommerlich warm. Ich breche entsprechend früh in Worms auf, um die kühle Morgenluft gut auszunutzen. Ich mag es nicht, wenn es zu warm ist und ich vermute, meiner Krankheit tut es auch nicht gut.

Auf dem Weg zum Rheinufer begegne ich Schulkindern, alle mit Gesichtsmaske. Am Rheinufer treffe ich auf das Hagendenkmal. Hagen ist meine Lieblingsfigur im Nibelungenlied. Am Rheinufer geht es flussaufwärts bis zur Nibelungenbrücke und dann über den Rhein. Auf der anderen Uferseite geht es nach links und ich freue mich: eine E8 Wegmarkierung, richtig mit Sternen und blauen Hintergrund. Liegt es daran, dass ich jetzt in Hessen bin? Hessen – bedingt durch Frankfurt – denkt vielleicht internationaler als die doch für mich provinziellere Rheinland-Pfalz. Schnell führt der Weg auf einen Hochdamm, der zum Schutz vor Überschwemmungen angelegt wurde. Hier lässt es sich angenehm wandern. Ein bisschen erhöht habe ich einen schönen Blick. Überhaupt kann ich kilometerweit gucken. Hier gibt es kaum Höhenmeter zu überbrücken, hier ist alles flach und ich kann mein Tagesziel den Odenwald schon jetzt gut erkennen.

Von dem Hochdamm geht es nach rechts durch die Felder in den Ort Hofheim rein. In einem Lebensmittelladen kaufe ich mir eine Brotzeit. Von Hofheim aus geht eine Landstraße durch die Felder direkt nach Biblis. Und in Biblis finde ich 5(!) E8 Wegmarkierungen. Ich werde leicht euphorisch. Ich hatte schon die Befürchtung, dass der E8 das gleiche Schicksal wie die Trimm-Dich-Pfade in den 70ern in der alten BRD erlitten habe. Nach einem Boom sind diese heutzutage mehr oder weniger in Vergessenheit geraten. Aber nicht der E8 in Biblis! 5! Und ab Biblis tauchen jetzt regelmässig E8 Wegmarken auf. Sie geben mir Orientierung und das Gefühl der Sicherheit auf dem richtigen Pfad zu sein. Vielleicht liegt es ja doch daran, dass ich jetzt in Hessen bin.

Nach Biblis geht es einen Bachauenwald entlang, in dem es viele Erlen gibt. Ich liebe diese Baumart, hat sie ja etwas magisches und ein bisschen unheimliches an sich. Sie wächst gerne an Bachläufen oder an dem Rand von Mooren und Sümpfen und galt früher als ein Hexenbaum. Goethe hat dieses düstere Motiv dann in der Ballade „Der Erlkönig“ genial aufgegriffen. Heute bieten mir die Erlen Schatten und ich mag es sie anzuschauen. Ich mache an einer Bank Rast.

Von dort aus geht es mit einem Linksknick an der IBB Biblis vorbei. Was das ist? Das International Broadcasting Bureau. In Deutschland betreibt das IBB Kurzwellensender für Radio Free Europe/Radio Liberty in Biblis (laut Wikipedia) und hat hier einen beeindruckenden Park von Radiosendern und Masten aufgebaut.

Danach wieder rechts durch ein Waldgebiet. Allmählich ist es richtig heiß geworden. Obwohl ich im Schatten der Bäume gehe, merke ich, dass ich noch nicht so richtig fit bin und werde langsamer. Jetzt wird es merklich anstrengender für mich. Um mich abzulenken, fange ich an über Themen nachzudenken.

Ein Thema möchte ich gerne mit euch teilen, über das ich schon seit Zell nachdenke, als ich mich mit dem Ehepaar aus Niedersachsen unterhalten habe. Der ungefähr 2 Jahre ältere Ehemann hat mich befragt, wieviel Kilometer am Tag ich laufen würde, was mein Ziel ist, wie schwer der Rucksack ist, wieviele Kilometer insgesamt usw. Also viele Zahlen oder Leistungsparameter, um meine Leistung einschätzen zu können und sie mit seinem eigenem Leistungsvermögen vergleichen zu können. Mir ist aufgefallen, dass ich das von vielen so gefragt werde oder sie sich dafür interessieren. Ich stelle an mir persönlich fest, dass mich das immer weniger interessiert und mich zur Frage bringt, was ich eigentlich in diesem Blog schreiben will.

Vielleicht dazu eine kleine Provokation? Kennt ihr das Gedicht Osterspaziergang von Goethe?

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick;
Im Tale grünet Hoffnungsglück; …

Wenn Goethe heutzutage nach seiner Wanderung befragt worden wäre, würde sein Osterspaziergang so aussehen:

Ostersonntag 2020, Strecke: von Frankfurt am Main nach Hanau in 4 Stunden, 18 Kilometer, mit Tragegewicht 4 Kg, 10–15 Höhenmeter, eigenes Körpergewicht lag bei 80 kg, ohne Sportausrüstung. Konkurrenz: ich habe Meister Eckhard 10 Minuten Vorsprung abgenommen und es war eine gute Vorbereitung für den nächsten Frankfurt Marathon, da werde ich dem jungen Schiller aber mal so richtig zeigen, wer der Altmeister ist.

Unsere Gesellschaft hat das Galilei Motto „Alles messen was messbar ist, und messbar machen, was noch nicht messbar ist“ vollständig auf den Freizeitbereich übertragen. Alles nicht messbare beim Wandern, wie z.B. sinnliche Eindrücke der Natur oder Begegnungen mit anderen Menschen oder Gefühle werden dagegen oft ignoriert.

Ich habe mich entschlossen, bei diesem Blog mehr auf diese nicht messbaren Qualitäten zu achten. Wenn euch die messbaren Inhalte mehr interessieren, dafür gibt es inzwischen gute Informationen im Internet, die genaue Steckenprofile der Abschnitte des E8 zeigen oder Vergleichsinformationen mit anderen Wanderern bzw. Sportlern.

Inzwischen bin ich vor den Toren Bensheim angelangt. Ich bin müde und erschöpft und hier ist es über 30 Grad Celsius warm. Von unterwegs habe ich mir telefonisch ein Zimmer organisiert. In Bensheim stehe ich auf einmal vor einem steilen Anstieg. Die halbe Stadt liegt am Hang und meine Unterkunft liegt ganz oben. Wenn ich jetzt ein Taxi sehe, dann lasse ich mich die letzten 800 Meter vor die Haustür fahren. Aber kein Taxi ist in Sichtweite und ganz langsam gehe ich den Berg hoch.

Endlich angekommen, beziehe ich gleich mein Zimmer, dusche und lege ich sofort ins Bett und schlafe ein. Ich bin fix und fertig.

Zell – Wachenheim – Monsheim – Pfeddersheim – Worms

Heute habe ich mein bisher bestes Frühstück bekommen: frische Brötchensorten vom Bäcker, selbstgekelterter Traubensaft, verschiedene kleine herzhafte Leckereien, Müsli, Hausmacher Wurst und die Tageszeitung. Jetzt schreibe ich schon wie für Kinder, frei nach Enid Blyton, regelmässig muss man schreiben, das es etwas Leckeres zu essen gibt. Verzeiht, ich werde mich mit Essensbeschreibungen ab sofort zurückhalten.

Dann geht es auch schon wieder los. Ich nehme die ein bisschen höhergelegene Straße nach Wachenheim. Die Sonne scheint und die Luft ist klar. Von der Straße habe ich einen besseren Blick in die Weinberge und das Tal der Pfrimm. Nach einem kleinen Friedhof, nehme ich nach rechts den Weg durch die Weinberge runter nach Wachenheim. Dabei schrecke ich einen Fasan auf. Schon toll, wieviele Tierarten ich auf dem Weg inzwischen erleben durfte.

In Wachenheim geht es an dem Bach Pfrimm abwärts. Bäume geben Schatten und ich komme gut voran. Vor Monsheim beginnt ein naturkundlicher Pfad, der immer wieder Schaubilder über Vögel zeigt. Der Wald ist hier dicht und naturbelassen. Der Weg ist schmaler geworden. Die Urwaldähnliche Atmosphäre gefällt mir.

Durch Monsheim geht es durch und danach wieder an der Pfrimm entlang bis nach Pfeddersheim. Kurz bevor die Wohnhäuser anfangen sind Plätze für die Pfeddersheimer eingerichtet worden, an denen sie grillen können. Kurz darauf wundere ich mich über den Lärm den grüngelbe Vögel in den Bäumen machen. Vögellärm der mir fremdartig und exotisch vorkommt. Ich treffe auf einen älteren Mann mit einer Kamera und einem Riesenobjektiv, der aufmerksam die Baumkronen beobachtet. Er erklärt mir dann, dass es sich bei den Vögeln um Halsbandsittiche handelt. Diese Vögel sind irgendwann aus ihrer Gefangenschaft ausgebrochen und haben inzwischen erfolgreich eine Kolonie hier in Pfeddersheim gegründet.

Es geht weiter nach Pfeddersheim hinein durch ein Wohngebiet. Mein Vater war vor circa 40 Jahren in Pfeddersheim ein paar Jahre stationiert gewesen. Wir haben ihn damals dort besucht und in dieser Zeit hat er seine Vorliebe für Wein entwickelt. Ich habe Pfeddersheim als langweiligen Ort in Erinnerung und daran hat sich anscheinend nichts geändert. Die Bundeswehr hat in der Zwischenzeit diesen Standort aufgegeben.

Am Bahnhof wartet ein ehemaliger Kollege auf mich. Ich freue mich ihn zu sehen und wir packen meinen Rucksack in sein Auto. Er fährt uns nach Worms und wir verbringen ein paar Stunden am Rhein in einer der beliebten Strandbars. Dabei trinken wir gemeinsam etwas und tauschen uns darüber aus, wie es uns in den letzten Monaten ergangen ist. Er gibt mir noch ein paar gute Tips, was ich mir morgen mit meinem Sohn in Worms angucken kann. Dann ist es auch schon Zeit, Abschied zu nehmen und meinen jüngsten Sohn vom Bahnhof abzuholen. Ich freue mich ihn in die Arme zu nehmen und bring ihn zu dem Hotel, wo wir die Nacht verbringen. Morgen werden wir gemeinsam Worms angucken und dabei darauf achten, dass ich auch einen Erholungstag vom Wandern habe.

Rockenhausen – Marienthal – Bastenhaus – Donnersberg – Dannenfels

Mit einem reichhaltigen Frühstück im Bauch verlasse ich Rockenhausen im Norden, um wieder auf den E8 in östlicher Richtung zu kommen. Ich habe Glück gleich am Anfang kommt ein Naturwaldreservat. Ein gemischter Eichen- und Buchenwald, der sich selbst überlassen wurde und sich jetzt wieder Richtung „Urwald“ entwickeln soll. Das wird meiner Meinung nach noch ein paar Jahrhunderte dauern, aber ein Anfang ist ja gemacht, wie schön. Und schon habe ich meine erste tierische Begegnung des Tages. Mitten auf dem Weg kommt mir ein Marder entgegen! Erst bei einer Entfernung von 15 Metern bleibt er stehen, schaut mich an und kehrt um und trollt sich. Ich hatte Marder immer für nachtaktiv gehalten und hatte noch nie einen in freier Wildbahn gesehen. Ich bin entzückt und dann noch tagsüber. Aber zu dieser Jahreszeit anscheinend keine Seltenheit, da die Marder auf Partnersuche sind und tagsüber ihr Revier markieren um zu zeigen, was für tolle Typen sie sind.

Immer wieder sind Naturwaldreservatschilder aufgestellt (siehe Beitragsbild). Es ist ein Hirschkäfer darauf abgebildet. Der Hirschkäfer ist eines meiner zwei Krafttiere. Wer selber daran interessiert ist, seine Krafttiere zu finden, kann sich gerne an Helga and Manfred Weule wenden, die mir dabei geholfen haben. http://i-cons.info/was_tut_sich.htm

Ich freue mich jedenfalls die Schilder mit meinem Krafttier zu sehen. Noch schöner wäre es natürlich, den Hirschkäfer in der Natur zu sehen. Die Chancen sind aktuell gar nicht schlecht, da Hirschkäfer in alten Eichenbeständen vorkommen und Juni und Juli die Monaten sind, in denen sie in ihrer Käferform auftreten. Hirschkäfer gehören übrigens zur Gattung der Waldkäfer, die man auch „Schröter“ nennt.

Nach dem Wald geht es links auf eine Landstraße, die kurz danach in einer anderen Landstraße mündet. Es geht geradeaus weiter am Waldrand entlang. Später geht es dann links wieder in den Wald und auf den Wolfkopf (420 meter ü. N.N.). Leider ist es auf dem Gipfel bewaldet und man hat keine Aussicht.

Weiter geht es dann durch Getreidefelder Richtung Marienthal. Achtung an der Landstraße gibt es keine Wegmarkierung und auch meine Kompasswander Anwendung zeigt den falschen Weg. An der Straße müsst ihr rechts gehen und nicht links! Nach ca. 200 Meter kommt dann auf der linken Straßenseite wieder der Wanderweg, der mit einer Holzbrücke über den Bach nach Marienthal führt. Marienthal ist ein sehr gepflegter kleiner Ort, hat aber leider keine Netzverbindung. Die einzige Kneipe hat nur Mittwochs, Donnerstags und Samstags offen. Heute leider nicht. Ich setze mich trotzdem in den Garten und esse meine Brotzeit und mache eine kleine Pause.

Dann geht es weiter durch den Wald nach Bastenhaus. Inzwischen hat es das Regnen angefangen. Ich bin froh als ich Bastenhaus erreiche, da es dort ein Wellnesshotel gibt, dass offen hat. Ich bekomme dort Kaffee und Kuchen. Als es zu regnen aufhört, wandere ich weiter. Der Donnersberg wartet auf mich. Der Donnersberg ist der höchste Berg der Pfalz. Richtig geht es dann auch einen schmalen und steilen Pfad durch einen Buchenwald hoch. Eine Steigung, wie ich sie durchaus auch schon in den Alpen erlebt habe. Ich gehe ruhig und langsam um nicht außer Atem zu kommen. Auf einmal höre ich vor mir ein Geräusch. Ein Mountainbiker kommt mir auf seinem Rad entgegen. In 10 Meter Entfernung bleibt er vor mir stehen. Helm, schwarzes Dress, dazu ein passendes stylisches Mountain Bike, Schutzbrille, ich kann einen weißen Bart erkennen. Er wartet bis ich an ihm vorbeikommen, dann grüßt er mich respektvoll und bedankt sich. Ich bin überrascht und frage ihn: „Warum?“ Er antwortet, dass er durch mich gezwungen war, innezuhalten und langsamer zu fahren und dass sei gut für ihn. Spontan ergänze ich: „Und gesünder“. Er lacht und sagt mir, dass ich damit recht hätte. Endlich mal ein Mensch-Maschine-Wesen, das nicht durch den Wald ohne Rücksicht und Achtsamkeit geschwindigkeitsoptimiert rast, sondern meine pure Gegenwart als Symbol für Entschleunigung und damit für sich als lebensrettend wahrnimmt. Ich bin erfreut.

Am Abend komme ich müde in Dannenfels an. Die letzte Stunde hatte es geregnet. Glücklicherweise wanderte ich durch einen erwachsenen Buchenwald. Die Buchen sind clever und fangen den Regen mit den Blättern ein, leiten das Wasser am Stamm entlang zu ihren Wurzeln am Boden. Ich selber bleibe trocken.

Obermoschel – Stahlberg – Rockenhausen

Gestern habe ich einen Rückfall bekommen. Es ist aber nicht so schlimm wie nach Christi Himmelfahrt. Nach kurzem Zögern setze ich meine Wanderung fort.

Ich beginne an der Burgruine von Obermoschel. In der Nacht gab es Gewitter und Regen. Die Luft ist herrlich, klar und frisch. Die Burgruine erinnert mich an einen griechischen Torso. Zwischen den Gebäuderesten stehen Bäume und gepflegtes Grün. Von der Ruine aus ziehe ich gen Osten.

Wieder ist der E8 nicht ausgeschildert. Ich orientiere mich an dem pfälzischen Höhenweg, der sehr gut markiert ist. So geht es von Hügelkamm über kleine Täler zum nächsten Hügelkamm. Es geht durch Eichen- und Buchenwälder und über Getreidefelder, die zum Teil schon hüfthoch gewachsen sind.

An den Feldern fällt mir eine bestimmte Vogelart auf. Ein kleiner Vogel, der immer wieder auffliegt und sich wild flatternd in den Wind stellt, so dass er fast in der Luft steht. Dabei zwitschert und singt er wie verrückt. Feldlerchen im Singflug, die so ihr Revier markieren und gegen mich verteidigen. Da der Wind heute frisch und kräftig bläst, haben Sie Mühe die Position zu halten. Aber gesungen wird bis zum Schluß. Eindeutig für mich mein Tier des Tages.

Heute ist mein erster mückenfreier Tag. Ich bin mir nicht sicher, ob es am kräftigen Wind liegt oder an dem Autan, das ich heute morgen aufgelegt habe, oder vielleicht doch an den nächtlichen Gewittern. Ich weiß es nicht, aber ich genieße das ungestörte Wandern.

In dem kleinen Ort Stahlberg hat leider die Gastwirtschaft noch nicht offen. Ich lege mich auf einer Bank unter einer Eiche in den Schatten und schlafe ein bisschen.

Eine andere Premiere erlebe ich heute auch: ich begegne den ersten drei wandernden Menschen. Ich bin also doch nicht ganz allein unterwegs. Ansonsten kann ich jedem empfehlen, der mal alleine sein will, gehe an einem Wochentag auf einen längeren Wanderweg in der Nordpfalz.

Gegen Abend erreiche ich hungrig und müde Rockenhausen. Zuerst suche ich nach einer Unterkunft via booking.com. Aber alles, was ich angezeigt bekomme ist mehr als 8 Kilometer entfernt. Dazu habe ich heute keine Lust mehr. Den ersten Passanten, den ich fragen kann, sagt mir das alle Hotels in Rockenhausen insolvent sind und er auch leider keines weiß.

Schon komisch, weil klein ist Rockenhausen nicht. Doch in den lokalen Weiten des Internets finde ich eine Unterkunft in Rockenhausen. Und ein kleines Wunder geschieht, es ist eins der insolventen Hotels, das offen hat und wo ich sogar etwas gutes zu essen bekomme.

Ruine Montfort – Obermoschel

Eigentlich hatte ich heute morgen schwere Regenfälle erwartet, wie vom Wetterbericht angekündigt. Es war zwar bewölkt, aber kein Regen. Also ging es dann doch am Vormittag vom Montforthof aus los. Schnell merke ich, dass heute meine Beine schwer und müde sind von gestern. Dann passe ich immer auf, dass ich nicht zu schnell gehe. Lieber etwas langsamer.

Auch am Montforthof sind die Wegmarkierungen für den E8 nicht eindeutig bzw. fehlen ganz. Es scheint auch außer mir niemand den Fernwanderweg zu laufen. Schon merkwürdig. Auf dem E5 vom Oberstdorf nach Meran über die Alpen war das ganz anders. Ständig ist man jemandem begegnet und mit einigen hatten wir uns am Ende der Tour auch angefreundet und gemeinsam die Hüttenzimmer geteilt. Doch auf dem E8 bin ich alleine.

Vom Montforthof aus geht es durch den Wald. Ich schaue mir dabei auch die Ruine der Burg Montfort an, die auf dem Gipfel liegt. Die Burg liegt einsam im Wald. Der Bergfried ist restauriert und mit einer modernen Wendeltreppe ausgestattet. Oben angelangt habe ich einen schönen Blick über die Burg und den umliegenden Wald. Die Burg ist nicht vollständig wiederhergestellt, aber man kann den Grundriss und einige Gebäude und Mauern gut erkennen. Der Rasen ist gemäht und ein toller Platz für ein Waldpicknick mit Kindern oder der Liebsten. Auf dem Weg finde ich einen toten Siebenschläfer. Im Wald hört man immer wieder einen Kuckuck rufen.

Von der Ruine aus geht es Richtung Süden durch den Wald nach Obermoschel. Auch hier muss ich aufpassen, dass ich den richtigen Weg finde. Doch diesmal habe ich immer wieder Netzempfang und kann dank der Kompass Pro Anwendung feststellen, wenn ich doch den falschen Abzweig genommen habe.

Es geht durch einen lichten niedrigstämmigen Eichenwald. Ich werde wieder von Mückenschwärmen gejagt, diesmal gesellen sich sogar Pferdebremsen dazu. Ich fange an die Mücken zu verabscheuen. Der Weg ist mit kniehohen Gras bewachsen. Hier ist schon lange keiner mehr langgelaufen. Die Mücken freuen sich über mich, endlich eine Gelegenheit ihre zukünftige Brut gut zu versorgen. Ich fange an, mich trotz müder Beine zu beeilen. Ich möchte nicht für zu viele neue Mückengenerationen der Nährboden sein.

Dabei komme ich an einem großen hüfthohen und sehr emsigen Ameisenhaufen vorbei. Ein echtes Naturdenkmal!

Ich bin froh als ich aus dem Eichenwald rauskomme. Über Felder geht es abwärts in ein Tal, das nach Obermoschel führt. Obermoschel ist ein über 600 Jahre altes Städtchen mit einer funktionierenden Infrastruktur. Es gibt sogar ein großes Bekleidungshaus. Ich hole mir einen Döner und komme dabei mit einem Einheimischen ins Gespräch. Er ist in Obermoschel geboren und Anfang 40 Jahre alt. Als ich ihm vom Fernwanderweg E8 erzähle, ist er sehr erstaunt. Ich sei der erste, der über diesen Weg läuft und für ihn ist es eine Neuigkeit, dass der Fernwanderweg durch Obermoschel führt. Das glaube ich inzwischen auch, der europäische Fernwanderweg wird hier nicht benutzt und ist bei den Einheimischen nicht bekannt. Ich stelle mich auf eine einsame und ruhige Wanderung in der näheren Zukunft ein. Eine Wanderung für „Pfadfinder“. Am späten Nachmittag kommen dann die angekündigten Gewitter. Ich beschließe am nächsten Tag nach den Regenfällen weiterzuwandern.

Niederhausen – Schmittenstollen – Lemberg –

Heute hat meine Tochter Geburtstag und ich starte meine Wanderung auf dem europäischen Fernwanderweg E 8 von Niederhausen aus.

An der Brücke bei der Nahe-Staustufe sehe ich zum ersten und letzten Mal an diesem Tag die Wegmarkierung für den E8. Es bewahrheitet sich leider, dass eine überregionale Wegmarkierung hier nicht existiert. Für mich als Neuling auf dem E8 heißt dass, aufpassen und immer wieder kontrollieren, ob ich noch auf dem richtigen Weg bin. Leider gelingt mir das heute nicht sehr oft und am Ende des Tages bin ich im Ort Oberhausen angekommen, obwohl ich eigentlich nach Obermoschel wollte.

Aber eins nach dem anderen. Startpunkt war ja die Brücke und da war noch alles im Plan.

Ich laufe über die Brücke und dann folge ich rechts der Staustufe bis ich zu einem linken Abzweig komme.

Das lokale Wegenetz ist hervorragend ausgeschildert und so klassifiziert, dass Wanderer schöne Rundwege rund um Bad Kreuznach laufen können. Schon am Namen kann man die Dauer bzw. Schwierigkeit erkennen. So geht beispielsweise eine „Introtour“ meistens über drei bis vier Kilometer und dauert 1-2 Stunden bestens geeignet für den Einsteiger. Also orientiere ich mich am lokalen Wegenetz und wandere Richtung Bergwerk/Schmittenstollen. Es geht bergauf und nach 1 Stunde bin ich am Bergwerk. Heute ist am Bergwerk und der dazugehörigen Gastwirtschaft nichts los und alles ist geschlossen. Überhaupt bin ich heute alleine unterwegs. Es regnet leicht, aber nicht zu stark. Ich fühle mich seit langem wieder gut und fit.

Nur die immer wieder auftretenden Mückenschwärme sind lästig. Nach dem Schmittenstollen geht es stramm bergauf und nach ca. 100 Metern folge ich einem rechten Abzweig, der laut Karte einen schönen Panoramablick über das Nahetal verspricht.

Die Orientierung wird größtenteils dadurch erschwert, dass keine Verbindung mit dem Handy möglich ist. Meine tollen Karten-Apps sind leider nutzlos. Kaum bin ich auf dem Höhenweg mit Panoramablick auf das Nahetal habe ich wieder Netz und werde prompt auch angerufen.

Eine ehemalige Kollegin ruft mich an. Wie schön! Sie freut sich darüber, dass ich endlich gestartet bin, da ich eigentlich schon kurz nach Pfingsten loslaufen wollte, aber von einer rätselhaften Krankheit aufgehalten wurde. Bis jetzt konnte mir kein Arzt sagen, was ich habe, man konnte mir aber immerhin sagen, was es nicht war. Meine Kollegin hatte eine neue Idee: die Kriebelmücke! Ich habe mich heute Nacht hingesetzt und recherchiert. Es könnte wirklich was daran sein und ich hätte auf die Bisse dieser unangenehmen Mücken zusätzlich mit einer allergischen Reaktion und einer Virusinfektion reagiert, die mich immer noch beschäftigen. Tatsächlich sind diese Insekten inzwischen in der Rheinland-Pfalz immer mehr bekannt dafür, auch auf Menschen loszugehen, da ihre eigentlich bevorzugten Wirtstiere – wie Pferde – immer seltener werden. Also Achtung! Auch heute haben mich immer wieder Mückenschwärme im Wald verfolgt.

Meine Kollegin fragte mich, an was ich alles denken würde und ob ich jetzt glücklich sei. Ich musste an vieles denken und glücklich war ich heute nicht. Aber am Anfang einer Wanderung überrascht mich das nicht, es dauert immer ein paar Tage bis ich im Flow bin und eine Art meditativen Zustand erreicht habe. Vorausgesetzt ich muss nicht ständig aufpassen, dass ich den richtigen Weg verpasse …

Nach dem Panoramaweg nehme ich den direkten Weg zur Lemberg Hütte hoch. Dort mache ich dann Rast. Auch diese Hütte ist heute geschlossen.

Von der Lemberghütte aus wandere ich in Richtung Silbersee und dann …. Ja und dann habe ich den E8 verloren. Immer wieder bin ich umgekehrt, aber letztendlich habe ich mich verlaufen und nach Stunden bin ich dann in Oberhausen gelandet. Dort hat mich dann meine Tante mit dem Auto abgeholt. Es gibt zwar auch dort kein Netz, aber am Dorfbrunnen hat eine gute Seele sein WiFi nicht gesichert und ich konnte meiner Tante eine WhatsApp Nachricht mit Ortsangabe senden. Vielen Dank an den unbekannten Wohltäter und meine Tante!

Der heutige Tag war gut zum Einlaufen. Morgen werde ich versuchen, den E8 an der Stelle zu finden, wo ich verloren gegangen bin und von dort aus weiterlaufen.