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Im Donautal: Donaustauf – Hammermühle – Otterbachtal – Hammermühle

Der Sturm hat heute aufgehört und bei schönstem Wetter verlasse ich Donaustauf durch den Fürstengarten. Donaustauf wurde Anfang des 19. Jahrhunderts dem Fürsten von Thurn und Taxis als Kompensation für die Postrechte in Bayern übertragen. Dort haben sie dann ein schönes Schloß gebaut.

Vom Fürstengarten mit chinesischem Turm aus geht es durch den Wald auf die Anhöhe der Walhalla. Ein Tempel der deutschen Nationalhelden mit einem fantastischen Blick auf die Donau und Regensburg. Der Blick ist sensationell.

Walhalla

Das Innere der Walhalla ist allerdings eine Ansammlung von Büsten deutscher Militärs, Fürsten und Kulturschaffender. Schon seltsam, dass die Walhalla von den Frauen- oder Friedensbewegten in diesem Land bisher verschont wurde. Es sind nur FÜNF Frauen und kaum einer der sich für Frieden eingesetzt hatte vertreten: Katharina die Große, Maria Theresia, Sophie Scholl, Edith Stein und eine Nonne namens Theresia Gerhard. Unglaublich! Katharina war die längste Zeit ihres Lebens Russin, Maria Theresia Österreicherin, dafür haben sie den Hans Scholl weggelassen. Ich würde mich gerne mit den Leuten unterhalten, die auswählen, wer in diese Halle reinkommt und nach welchen Kriterien ausgewählt wird. Meine persönliche Heldenhalle wäre jedenfalls anders bestückt. Auch der Name Walhalla hat für mich eine Bedeutung, die eher in Richtung militärischer Weltuntergang gehen würde.

Aber der Aussichtspunkt für die Walhalla ist hervorragend ausgewählt worden. Ich setze mich auf eine der Stufen und staune. Man kann die funkelnde Donau sehen, wie sie von Regensburg kommt und nach Osten fließt. Es sind Boote auf dem Fluß und man kann weit ins Land schauen.

Inzwischen sind viele Tagestouristen da, die wie ich die Aussicht erleben mit und ohne Handy. Neben mir nimmt ein älterer Herr mit seinem Hund Platz. Den Hund finde ich interessant: ein Bull-Terrier! Ich spreche den Herrn an und er erzählt mir, dass es sich um einen Mini-Bull-Terrier handelt, so fällt er nicht unter die Kampfhundverordnung der verschiedenen Bundesländer. Der Hund heißt Gaudi und ist ein ganz ruhiger. Sein Ernährer ist dafür umso gesprächiger. So erfahre ich von seinem „Lebenseinbruch“ als seine ehemalige Ehefrau ihn mit einem Golfclubbetreiber betrogen hat und er daraufhin seinen Lebensmittelpunkt schließlich in Cuxhaven gesucht hat. Den Ausdruck „Lebenseinbruch“ finde ich spannend. Ist es so gemeint, dass er – wie auf einem zugefrorenen See – im Eis des Lebens eingebrochen ist oder dass jemand – z.B. ein Golfclubbetreiber – in seinem Leben eingebrochen ist wie ein Einbrecher und etwas sehr wertvolles gestohlen hat? Egal wie es zu verstehen ist, er ist jetzt ein glücklicher Mann mit einer sympathischen Partnerin und einem selbstbewussten Hund. „Not willing to please“ berichtet mir das Paar, das finden sie an ihrem Hund so gut. Für ein Leckerli werden hier keine Kunststückchen gemacht und so machen die beiden das auch in ihrem Leben.

Wir gehen gemeinsam zum Autoparkplatz und er erzählt uns noch ein paar lustige Geschichten. Der Parkplatz ist sehr voll, viele Leute besuchen heute die Walhalla. Der E8 führt über den Parkplatz. Ich verabschiede mich von den dreien, die am nächsten Tag wieder nach Cuxhaven fahren wollen.

Heute ist ideales Wanderwetter und ich bin wieder alleine und das schon 50 Meter hinter dem Parkplatz. Der Unterschied könnte nicht größer sein. Es geht am Wald entlang, der hier sehr abwechslungsreich ist, immer wieder habe ich einen guten Blick auf die Donau und es macht mir Spaß zu wandern.

Zur Mittagszeit erreiche ich den Gasthof Hammermühle im Otterbachtal. Im Biergarten gibt es gutes typisch bayrisches Essen. Hinter der Hammermühle geht der Weg dann weiter.

Ich folge den grünen Dreiecken, die stellvertretend für die E8 Zeichen stehen sollen. Es geht den Bach entlang. Netzzugang ist die ganze Zeit Fehlanzeige. So verlasse ich mich auf die Wegmarkierungen grünes Dreieck vollständig. Es ist ein idyllisches Bachtal. Wald wechselt sich mit Wiesen ab, die ich für Teil des fürstlichen Tiergartens halte. Heute sind viele Spaziergänger aus der Oberpfalz unterwegs: ganze Familien mit kleinen Kindern, ein Paar trägt sogar ein kleines Baby vor dem Bauch, ein Betriebsausflug, mehrere Paare und natürlich auch Radfahrer.

Es bewölkt sich und ich komme gut voran. Schließlich erreiche ich eine Gaststätte, die lustigerweise „Zum Koreawirt“ heißt, zu der auch eine Straße führt, die dort endet. Allmählich zweifle ich dran, dass ich noch auf dem richtigen Weg bin. Eigentlich müsste ich wieder die Donau sehen, aber ich sehe nur den Otterbach und Wald. Mir begegnet ein Mann mit zwei großen Hunden und ich frage ihn nach dem Weg. Bald muss ich erkennen, dass ich im falschen Tal gewandert bin. Es gibt auch keinen anderen Weg als in Richtung Donau umzukehren. An der Straße versuche ich noch eine halbe Stunde mein Glück. Aber alle Autos sind schon voll und keiner nimmt mich mit. Also wieder dem Bachlauf entlang abwärts zur Hammermühle, wo ich wahrscheinlich falsch abgebogen bin. So sehe ich heute das Otterbachtal auch von der anderen Seite, diesmal mit Wiedererkennungswert. Ist auch ganz schön.

Ich kehre zum zweiten Mal in der Hammermühle ein und bekomme dort auch ein Zimmer. Morgen versuche ich es dann nochmal, nach Wörth an der Donau zu kommen.

Back on the Trail: Im Donautal von Regensburg nach Donaustauf

In aller Frühe stehe ich auf und schreibe noch einen Willkommensbrief für meine Tante, die noch in England Enkelkinder hütet und nächste Woche wieder nach Bad Kreuznach kommen wird. Ich verlasse das Haus zum zweiten Mal mit voller Wanderausrüstung, nur diesmal 2 Kilogramm leichter. Ich habe ein paar Dinge, wie das Fernglas, weggelassen. Dafür sind neu dabei: Fersensocken, auf Anraten meiner Fußpflegerin für den rechten Fuß.

Mit dem Regionalzug geht es nach Mainz und dann mit 29 Minuten Verspätung im IC nach Regensburg. Zugfahren in Coronazeiten ist für mich immer noch ungewohnt. Alle tragen Maske und versuchen versetzt zu sitzen oder einen Platz Abstand zu halten. Das gelingt nicht immer, da zuviele Passagiere mitfahren. Ich bin immer gerne Zug gefahren, weil es immer wieder zu Begegnungen gekommen ist, die ganz besonders waren. Heute sind alle eher für sich, beschäftigen sich mit ihren Handys, Gespräche mit den anderen kommen eher nicht zustande. Nur der junge Mann, der mir schräg gegenüber sitzt, spricht mich an. Ihm wird gerade übel, weil er mit dem Rücken zur Fahrtrichtung sitzt. Wir tauschen die Plätze und es geht ihm schnell wieder besser, aber ein Gespräch kommt nicht zustande. Ich stelle mir kurz vor, wie das Gespräch mit ihm sein könnte. In der Phantasie gebe ich im sogar einen Namen: Julius, der sich auf dem Weg zu einem Bewerbungsgespräch ist und der einen nervösen Magen besitzt. Jetzt kann ich aber die junge Frau, die mir schräg gegenüber sitzt, besser sehen. Eine schöne, dunkelhaarige, große Frau, die nach Wien fährt, um dort mit ihrer Familie Urlaub zu machen. Auf ihrem Handy steht „Paulina“.

In Regensburg fällt mir schon am Bahnhof auf: hier gibt es viele schöne Frauen. Ein ehemaliger Kollege von der Postbank Systems würde jetzt sagen: „Die Schnittendichte ist hier sehr hoch!“. Der Eindruck bestätigt sich, als ich durch die bereits gesehene Altstadt wandere. Eine der schönen Frauen darf ich sogar kennenlernen. Ich treffe eine dreissigjährige Moldawierin namens Eva, die als Physiotherapeutin in Regensburg arbeitet. Sie fährt regelmässig nach Hause, indem sie von Memmingen aus für 40-50 Euro nach Moldawien fliegt. Ich staune, dass ist wirklich günstig. Sie spricht kaum Deutsch, aber sehr gut Englisch. Für ihre Arbeit reicht es und es gefällt ihr hier gut. Keine Korruption und alles so schön sauber. Dabei lacht sich mich mit ihren grünen Augen an.

Ich wandere über die Donaubrücke. Der Weg ist gut ausgeschildert. Es geht an der Donau entlang flussabwärts. Auf der Donau kann ich Ausflugsboote erkennen. Die Stadt selber ist hier vor allen Dingen Gewerbe- und Neubaugebiet. Hier gefällt mir Regensburg gar nicht. Inzwischen hat ein starker Wind angefangen zu blasen. Glücklicherweise kommt er von der Seite oder von hinten.

Ich erreiche die Stadtgrenze. Der Weg ist fast eben und gleichzeitig auch ein Radweg. Zu meiner Linken kommt ein Naturschutzgebiet. Vor allen Dingen alte Obstreuwiesen. Ich freue mich wieder richtig auf dem Weg zu sein.

Der Wind wird immer stärker. Trotz des starken Winds bleibt mein Hut auf dem Kopf. Ich bin überrascht. Den Hut muss ich noch nicht einmal mit der Hand festhalten, der Strohhut sitzt auf meinem Kopf wie festgeklebt. Der Weg ist gut zu laufen und prima zum Einlaufen nach drei Wochen Pause. War in der Stadt die „Schnittendichte“ hoch, ist es hier die „Sitzbankdichte“. Ich könnte alle 200 Meter Sitzpause machen.

Ich erreiche am späten Nachmittag den Ort Donaustauf. Der alte Stadtkern ist gut erhalten und die Hauptstraße ist charakterisiert durch eine einzige fast geschlossene Häuserfassade auf jeder Straßenseite. Eine preisgünstige Unterkunft kann ich nicht finden. Der Wind ist immer stärker geworden und ein älterer Mann erzählt mir, dass ein Föhnsturm über die Nacht aufziehen soll. Vielleicht ist es keine gute Idee, gerade heute mit dem Übernachten in der freien Natur zu beginnen. Ich kriege dann noch ein Zimmer in einem teuren Vier-Sterne-Hotel. Die freundliche Empfangsdame macht mir sogar einen Sonderpreis. Ich kriege die Standardpauschale für einen Seminarteilnehmer. Wie passend. Die Sauna ist inklusive.

Im Donautal: Kelheim – Schneckenbach – Regensburg

Ab Kelheim ist der E8 wieder gut markiert, das beginnt schon direkt im Ort. Es ist mir ein Rätsel, wann es gut markiert ist, wann weniger und wann überhaupt nicht. Heute ist der Weg gut markiert. Wir brechen am frühen Morgen auf, überqueren den Main-Donau-Kanal und direkt nach Kelheim geht es durch den Wald auf die Höhe. Wir wandern die ganze Zeit im Wald und schnell erkennt auch Aloha: auf dem E8 bist du wirklich alleine, uns begegnet nur noch ein anderer Mensch. Na, ganz alleine sind wir nicht, die Mücken und Bremsen sind unsere ständigen Begleiter…

Manchmal unterhalten wir uns intensiv und manchmal gehen wir ruhig unseres Weges. Aloha ist eine gut durchtrainierte Ausdauersportlerin, die leichtfüßig immer mal wieder das Tempo anzieht und dann aus meinen Blick entschwindet. Aber das stört mich nicht, ich bleibe in meinem Rhythmus. Bei Wegmarken finden sind wir aber spätestens immer zusammen und das ist gut so. Zwei Augenpaare sehen halt doch mehr als eins. So kommt es, dass wir uns heute nicht verlaufen und das trotz der fehlenden Netzverbindung und Wanderkarten.

Es ist immer noch schwül und wir kommen durch einen schönen Buchenwald zur Mittagszeit im Örtchen Schneckenbach an. Leider gibt es hier keinen Gasthof, nur eine kleine Kapelle, ein paar Wochenendhäuser und einen Bochumer Zugereisten. Es gibt für mich – überraschenderweise – in dem kleinen Dorf zwei Bushaltestellen und ein Bushäuschen. Aloha liest den Fahrplan und meldet: „da fahren Busse heute“. Echt? An einem Sonntag? In einem Schlafdorf in der bayrischen Provinz? Das gibt es doch niemals! Tatsächlich, es fahren Busse und der nächste kommt in 15 Minuten. Mir fällt auf, wie eine grauschwarze Regenfront aus Richtung Westen auf uns zukommt. Huh, die vom Wetterbericht angekündigte Regenfront naht! Und nach Regensburg sind es noch mehr als 20 Kilometer und die nächste Zugstation ist auch noch 10 Kilometer weit weg von uns. Wenn uns der Regenguss ohne Gasthof trifft, dann kann unsere gute und entspannte Stimmung schnell umkippen. Spontan entschließen wir uns den Bus nach Regensburg zu nehmen und uns den Dom dort anzugucken.

Und das ist eine gute Entscheidung. Wir fahren mit dem Bus nach Osten und uns erreicht die Regenfront schon nach einer halben Stunde. Es kommt so richtig viel Wasser runter. Jetzt weiß ich, woher Regensburg seinen Namen hat.

In Regensburg gehen wir Italienisch essen (natürlich teste ich dort die Spagetti Bolognese, mein Rezept ist besser) und besuchen den gotischen Dom von Regensburg. Der gefällt mir besser als der Kölner Dom. Die berühmten Domspatzen singen heute nicht. Es regnet immer noch und wir beschließen ins Rhein-Main-Gebiet mit Alohas Auto zu fahren.

Die Fahrt über die Autobahn A3 ist geprägt von dem dichten Reiseverkehr, obwohl heute kaum LKWs unterwegs sind. Die Zeit vergeht wie im Flug, weil wir immer noch genug zum gegenseitigen Erzählen haben.

Am Fernbahnhof des Flughafens Frankfurt werde ich abgesetzt in der „Kiss and Park“ Zone. Einen Kuss gibt es nicht, dafür eine Umarmung und dann husch, husch fährt Aloha schon wieder weiter. So schnell, dass ich mein iphone in ihrem Auto vergesse. !Mala Suerte! Einmal nicht aufgepasst! D.h. heute gibt es leider keine aktuellen Fotos im Blog.

Ich nehme dann einen Zug und bin kurz vor 21 Uhr in Bad Kreuznach, wo ich von meiner Tante herzlich begrüßt werde. Innerhalb von fünfeinhalb Stunden bin ich wieder nach Bad Kreuznach gekommen, nachdem ich fast sieben Wochen gebraucht habe, um nach Regensburg zu gelangen. Zeit beim Wandern ist relativ: für mich sind die sieben Wochen wie im Nu vergangen.

Ich unterbreche für die nächsten zwei Wochen meine Wanderung auf dem E8 und fahre mit meinem jüngsten Sohn am Dienstag zur südlichsten Stadt Deutschlands, um dort unsere Verwandten zu besuchen und Ferien zu machen. Danach werde ich mich wieder melden. Seid mir bitte weiterhin gewogen und wünscht uns eine schöne Zeit im Oberallgäu!

An der Donau: Weltenburg – Kelheim

Am Morgen gehe ich als allererstes wieder zum Kloster an die Donau. Ich will mit einem Boot durch den Donaudurchbruch fahren. Doch schon erlebe ich die erste Enttäuschung: die Donau hat einen so niedrigen Wasserstand, dass die großen Ausflugsschiffe heute nicht fahren dürfen. Doch die Frau an der Schifffahrtskasse gibt mir einen Tip: Es gibt kleine Boote, die man buchen kann, und manchmal an der Donau warten, keine 200 Meter von dem Kloster entfernt. Und tatsächlich ich finde ein Boot mit seinem Steuermann an der Donau. Für 15 Euro würde er mich durch den Donaudurchbruch fahren. Falls noch andere Passagiere dazukommen, wird es entsprechend billiger. Ich beschließe zu warten und tatsächlich nach 10 Minuten ist unser Boot voll und es geht los. Jetzt kostet die Passage für mich 4 Euro.

Es ist wunderbar am Morgen auf der Donau zu fahren. Donaudurchbruch heißt die Stelle, weil die Donau hier am engsten und tiefsten in ganz Bayern ist. Über 100 Meter hohe Felsen ragen am Ufer hervor, an denen sogar geklettert wird. Der Schiffsführer erzählt, dass hier die längsten Kletterfelsen nördlich der Alpen in Bayern seien. Alles ist noch herrlich frisch, ruhig und die Sonne brennt noch nicht so. Einige Menschen schwimmen schon in der Donau.

Nach 20 Minuten verlasse ich das Boot und wandere der Donau entlang bis nach Kelheim, wo ich mit Aloha verabredet bin. Als ich in Kelheim an der Bootsanlegestelle ankommen, traue ich meinen Augen nicht ganz. Die Großfamilie mit den Windhunden von gestern steht auf dem Weg und erkennt mich auch gleich wieder. Eigentlich wollten sie einen Schiffsausflug nach Weltenburg machen, aber die Schiffe fahren ja heute bekanntermaßen nicht. Ich versuche ein paar Tips zu geben und nutze die Gelegenheit, auch ein paar gute Fotos von den Hunden zu machen. Auf einmal stehe ich mitten in der Großfamilie und jeder versucht mit mir ein paar Worte zu wechseln. Eine richtig nette Familie, die entweder Sommer oder Herbst mit Nachnamen heißen. Das Familienoberhaupt schüttelt mir ganz am Schluss auch noch ganz uncoronamässig die Hand. Ich bin gespannt, ob mir diese sympathische Familie noch einmal begegnen wird.

Ich versorge mich in Kelheim mit Getränken und verbringe die Wartezeit mit dem Beobachten von Menschen. Heute ist Markt in Kelheim und das Standesamt hat offen und das an einem Samstag. Zwei Hochzeiten! Und eine Hochzeit ganz in Tracht.

Ich hole Aloha vom Bus ab. Sie hat schon eine aufregende Anreise aus dem Rhein-Main-Gebiet nach Kelheim erlebt und ist einem Bilderbuchmenschen begegnet, der ihr das Busticket spendiert hat, weil sie nicht genügend Bargeld mit dabei hatte. Jetzt hat sie Hunger und wir gehen echt bayrisch Weisswürste mit Brezeln und Bier (ja schon wieder) essen und trinken.

Danach ist uns erst mal richtig warm geworden und wir beschließen, in der Donau baden zu gehen. Herrlich! Die Donau hat die Wasserqualität Stufe 2. Stufe 1 ist Trinkwasserqualität. Nur aufpassen muss man, dass einen die Strömung in der Mitte des Flusses nicht einfach mitreißt. Wieder an Land, beobachten wir die Menschen, die vorbei flanieren. Highlight ist eine Dame mit gelben Kleid und pinkem Sonnenschirm. Der Kontrast zum blauen Himmel und dem grünen Pflanzen könnte nicht schöner sein. Aloha wird nach einiger Zeit auf ein gutaussehendes Pärchen aufmerksam, die flussaufwärts in die Donau springen und nach kurzer Zeit flussabwärts wieder an Land gehen. Flussschwimmen!!! Ich hatte das schon in der Schweiz gesehen und bin auf die Schweizer ganz neidisch, weil inzwischen Städte wie Basel oder Genf ihre Flüsse so gestaltet haben, dass man wunderschön dort im Fluss schwimmen kann. Auf einmal taucht sogar ein Mann bei uns auf und kommt ans Ufer. Er ist von Weltenburg in der Donau bis Kelheim geschwommen.

Sofort folgen wir dem Pärchen und probieren es aus. Es ist super! Der Fluss nimmt uns mit und wir lassen uns treiben. Wir müssen nur aufpassen, dass wir wieder an unserer Landestellen ans Ufer schwimmen. Unterwegs können wir uns an einen festgemachten Kahn hängen und lassen uns von der Donau langziehen. Sofort wiederholen wir das ganze und beschließen, nach Basel zu fahren und dort dann im Rhein zu schwimmen. Unsere Entdeckung des Tages.

Es ist so spät inzwischen geworden, dass sich ein Weiterwandern heute nicht mehr lohnt. Wir suchen uns ein Quartier, legen dort die Rucksäcke ab und besuchen die Befreiungshalle auf der Anhöhe bei Kelheim. Ein furchtbarer klassizistischer Bau, der von überall in der Stadt aus gut zu sehen ist. Es fängt das Regnen an und wir gehen in unseren Gasthof. Spanferkel, Wildschweinpflanzerl und schon wieder dunkles Weltenburger Bier warten auf uns. Wieder echt bajuwarisch. Und ich bin schon wieder betrunken. Soviel Bier wie ich in den letzen 36 Stunden getrunken habe, habe ich in den letzten 10 Jahren nicht.

Am raetischen Limes entlang zur Donau: Altmannstein – Weltenburg

Beim Frühstück erzähle ich dem Wirt von meinem Tagesziel Weltenburg. Sofort berichtet er mir, dass die Altmannsteiner Katholiken jeden Pfingstmontag eine 15 km lange Wallfahrt nach Weltenburg innerhalb von drei Stunden machen würden und das mit Kindern! Ich bin beeindruckt, vermute aber, dass sie den direktesten Weg über die Landstraßen gehen müssten. Der E8 verläuft ein bisschen anders und ist auch länger.

Bei blauem Himmel und Sonnenschein gehe ich los. Zuerst durch den Wald auf die Höhe und dann folge ich wieder dem Limes. Im Wald finde ich einen riesigen Champignon, der locker für ein Abendessen gereicht hätte. Zum Vergleich habe ich ein Eurostück darauf gelegt. Der Teil des Limes wird hier auch „Teufelsmauer“ genannt. Es geht den Wald entlang und an Dörfern vorbei, mehr oder weniger schnurgerade Richtung Osten bis zur Donau.

Ich komme an riesigen Hopfenfeldern vorbei. Hier wird also ein Teil des so wichtigen Naturstoffes für Bayerns Drogenindustrie angebaut. Die Bauern sind auch fleißig dabei, die Felder zu pflegen, einer sieht so aus, als ob er den Hopfen spritzen würde. Ob sich das mit dem bayrischen Reinheitsgebot verträgt?

Gegen Mittag komme ich an ein kleines Wäldchen und wen sehe ich da? Richtig: einen Wanderer, der es sich im Schatten gemütlich gemacht hat. Spontan frage ich ihn, ob ich mich dazu gesellen kann. Er ist seit drei Tagen unterwegs und plant bis zum 23. August den Limes entlang in Richtung Nordwesten zu wandern. Es ist auch nicht seine erste Tour und er hat alles dabei, um im Freien übernachten zu können. Er optimiert immer wieder seine Ausrüstung. Diesmal hat er einen Trinkschlauch dabei, so daß er jederzeit Wasser trinken kann, ohne den schweren Rucksack absetzen zu müssen. Und ein Solarpanel, mit dem er sein Smartphone laden kann und das als Lampe dient. Letzte Nacht hat er in einem rekonstruierten Wachturm auf dem Limes übernachtet.

Währenddessen wir uns unterhalten, kommt eine Großfamilie aus dem nahegelegenem Dorf mit Windhunden vorbei, die zur 500 Meter entfernten Waldkapelle pilgern. Sie haben sogar ein nettes Familienoberhaupt dabei. Ich denke an die Altmannsteiner Wallfahrer und muß über die 1 km Wallfahrt der Großfamilie schmunzeln.

Frisch gestärkt von soviel Gesellschaft, wandre ich den Limes weiter. Im Wald wandere ich sogar direkt auf den Überresten der Mauer, die immer noch als eine Art Wall, der bis zu 1,2 Meter hoch sein kann, erkennbar sind. Es ist inzwischen früher Nachmittag und brütend warm geworden. Kein Wölkchen am Himmel. Wenn ich im Schatten wandere, stören nur die Mücken und Bremsen. Wenn ich in der Sonne wandere, spüre ich die warme Luft an meinen Beinen aufsteigen und sehe wie die Luft in der Hitze flirrt. Hoffentlich komme ich bald an die Donau. Vielleicht kann ich da sogar baden.

Ich erreiche den rekonstruierten Limesturm und mache dort Rast. Von dort oben hat man einen guten Ausblick und ich mache ein Zimmer für Weltenburg telefonisch klar. Gerade als ich wieder aufbrechen will, kommt ein Paar in einem schwarzen Oldtimer VW Käfer Cabrio angefahren, um auch den Turm zu besichtigen. Das Auto erinnert mich sofort an den VW Käfer meiner Großeltern, in denen mein Bruder, ich und deren Dackel immer mitgefahren sind. Der Cabrio hört sich genauso an.

Das Paar stellt sich als sehr nett heraus. Beide leben in Bonn und er kommt gebürtig aus Ingolstadt, so dass sie immer wieder Urlaube in der Region machen. Die Frau fragt mich, wohin ich heute noch will. Als sie Weltenburg hört, bietet sie mir spontan an, dass ich mitfahren könnte. Super! Inzwischen ist es wärmer als gestern geworden und ich hatte schon angefangen zu rechnen, wie schnell ich laufen muss, um die letzte Fähre über die Donau noch rechtzeitig zu erreichen.

So darf ich – ganz stilvoll im Cabrio – mit den beiden zum Kloster nach Weltenburg fahren. Wir unterhalten uns so angeregt, dass wir unsere Pläne ändern und den Nachmittag im Klosterbiergarten verbringen und das weltberühmte Weltenburger Bier trinken. Wir sprechen über alles mögliche: Wandern, Führungskräfte bei der Arbeit, Unterschiede zwischen Mann und Frau, ob Schloß Neuschwanstein Kitsch ist, was würden wir einem Touristen empfehlen bei einem 7-tägigen Deutschlandbesuch (ich bin gegen Neuschwanstein!) und Architektur (ja, den Dom von Neviges sollte man einmal im Leben gesehen haben, selbst wenn das die wenigsten Deutschen wissen).

Am Ende ist es Abend geworden und ich bin betrunken. Ich verabschiede mich von den beiden, die noch im Fluß baden wollen und gehe der schönen blauen Donau entlang zu meiner Herberge.

Morgen treffe ich mich mit einer ehemaligen Kollegin (aloha) in Kelheim. Wir wollen dann am Wochenende bis nach Regensburg gemeinsam wandern. Ich beschließe, mir auf dem morgigen Weg nach Kelheim den Donaudurchbruch anzuschauen.