Archive : European Hiking Trail E8

Im Donautal: Hammermühle – Wörth a.d. Donau

Die Wettervorhersage kündigt für heute Nachmittag starken Regen an. Ich breche früher auf als sonst und nehme diesmal den richtigen Weg. Erst geht es durch das Gelände des Regensburger Golfclubs und ich sehe die ersten Golfer ihre Schläge machen. Überraschenderweise fängt es jetzt schon an zu regnen. Ich ziehe mir die Regenkleidung über. Das Golfplatzgelände geht in den fürstlichen Tierpark über. Der Tierpark ist durch einen Zaun abgegrenzt, doch führt ein befahrbarer Weg rein und raus. Der Übergang ist mit einem Rost ausgestattet, um zu verhindern, dass die Wildtiere den Park verlassen. Ich muss an die Warnung des Wirtes vor den Wildschweinen denken. Tatsächlich ist sogar vor dem Tierpark ein Hinweisschild zum Umgang mit diesen Tieren angebracht. Ein bisschen mulmig ist mir dabei schon, als ich den Tiergarten betrete. Das letzte Mal hatte ich Glück und die Wildschweine haben mich ignoriert.

Der Tiergarten hat eine abwechslungsreiche Waldlandschaft und ich fange an mich zu entspannen. Mitten im Park sehe ich einen Gedenkstein für Franz-Josef Strauß, der in der Nähe bei einer Jagdveranstaltung gestorben war. Der Fürst von Thurn und Taxis war ein Bewunderer von dem umstrittenen Ministerpräsidenten Bayerns gewesen. Ich war Student in Erlangen gewesen, als er starb und kann mich gut an die unterschiedlichen Reaktionen auf seinen Tod erinnern: von einem der längsten Trauerzüge, die es jemals in München gegeben hatte bis zu spontanen Feiern der alternativen Szene, die freudig sangen: „Last Sekt und Korken knallen, die Sau ist endlich umgefallen!“. Einer echten Wildsau begegne ich im Tiergarten glücklicherweise heute nicht.

Nach dem Tierpark passiere ich verschiedene Waldstücke und Feldfluren. Der Sommer scheint zu Ende zu gehen. Die Eicheln fallen bereits zu Boden und die Brombeeren am Wegrand sind überreif. Irgendwie schade und ich werde ein bisschen melancholisch.

Der Regen ist inzwischen Sonnenschein gewichen. Trotzdem beeile ich mich, um dem angekündigten Starkregen möglichst zu entgehen. Ich erreiche Ettersdorf, die einen tollen Kinderspielplatz haben. Es sind sogar Sandspielsachen vorhanden und für den Gründer des Spielplatzes ist eine Gedenkplatte aufgestellt worden. Das nenne ich mal Gemeinsinn und Dankbarkeit.

Nach Ettersdorf kommt der Ort Wisent, der am Flüsschen Wisent liegt. Gut gefällt mir das Schloß. Im Schlosspark trainiert ein Mann Boule mit ganz großen Kugeln. Er trifft immer. Ich applaudiere. Nach Wisent kommt der Ort Wörth an der Donau. Ursprünglich wollte ich ja gestern schon hier sein. Ich finde am Nachmittag eine Unterkunft und bin im Trocknen als es wirklich stark zu regnen anfängt.

Ich bin der einzige Gast im Haus und habe – inzwischen mein Standardzimmer – die Nummer 1 wieder bekommen. Der Gasthof hat das Prädikat „pilgerfreundlich“ und so sieht mein Zimmer auch aus. Es ist schlicht und als Lektüre steht das Neue Testament und die Broschüre „Bete Gott an und lebe im Sieg“ zur Verfügung. Irgendwie muss ich an meine Großmutter denken, die gerne in die Kirche gegangen und eine Zeitlang sogar Küsterin in Ihrer Gemeinde war.

Am Abend gehe ich in die Gaststube, um etwas zu essen. In der Gaststube ist der Stammtisch bereits versammelt. Dazu gehören hier nicht nur Männer, sondern auch eine alte Frau. Später kommt noch eine Schafkopfrunde dazu. Alle sprechen so stark oberpfälzischen Dialekt, dass ich fast nichts verstehe. Das stört mich nicht. Es ist wie ein Geräuschteppich im Hintergrund, wie eine lokale Hintergrundmusik der Eingeborenen und ich entspanne mich ohne von den lautstark besprochenen Themen abgelenkt zu werden. Das Essen schmeckt gut und frisch und ist preiswert. Ich lese die SZ. Ich fühle, weit weg von der Hauptstadt der Oberpfalz Regensburg bin ich wieder in der Provinz angekommen.

Im Donautal: Donaustauf – Hammermühle – Otterbachtal – Hammermühle

Der Sturm hat heute aufgehört und bei schönstem Wetter verlasse ich Donaustauf durch den Fürstengarten. Donaustauf wurde Anfang des 19. Jahrhunderts dem Fürsten von Thurn und Taxis als Kompensation für die Postrechte in Bayern übertragen. Dort haben sie dann ein schönes Schloß gebaut.

Vom Fürstengarten mit chinesischem Turm aus geht es durch den Wald auf die Anhöhe der Walhalla. Ein Tempel der deutschen Nationalhelden mit einem fantastischen Blick auf die Donau und Regensburg. Der Blick ist sensationell.

Walhalla

Das Innere der Walhalla ist allerdings eine Ansammlung von Büsten deutscher Militärs, Fürsten und Kulturschaffender. Schon seltsam, dass die Walhalla von den Frauen- oder Friedensbewegten in diesem Land bisher verschont wurde. Es sind nur FÜNF Frauen und kaum einer der sich für Frieden eingesetzt hatte vertreten: Katharina die Große, Maria Theresia, Sophie Scholl, Edith Stein und eine Nonne namens Theresia Gerhard. Unglaublich! Katharina war die längste Zeit ihres Lebens Russin, Maria Theresia Österreicherin, dafür haben sie den Hans Scholl weggelassen. Ich würde mich gerne mit den Leuten unterhalten, die auswählen, wer in diese Halle reinkommt und nach welchen Kriterien ausgewählt wird. Meine persönliche Heldenhalle wäre jedenfalls anders bestückt. Auch der Name Walhalla hat für mich eine Bedeutung, die eher in Richtung militärischer Weltuntergang gehen würde.

Aber der Aussichtspunkt für die Walhalla ist hervorragend ausgewählt worden. Ich setze mich auf eine der Stufen und staune. Man kann die funkelnde Donau sehen, wie sie von Regensburg kommt und nach Osten fließt. Es sind Boote auf dem Fluß und man kann weit ins Land schauen.

Inzwischen sind viele Tagestouristen da, die wie ich die Aussicht erleben mit und ohne Handy. Neben mir nimmt ein älterer Herr mit seinem Hund Platz. Den Hund finde ich interessant: ein Bull-Terrier! Ich spreche den Herrn an und er erzählt mir, dass es sich um einen Mini-Bull-Terrier handelt, so fällt er nicht unter die Kampfhundverordnung der verschiedenen Bundesländer. Der Hund heißt Gaudi und ist ein ganz ruhiger. Sein Ernährer ist dafür umso gesprächiger. So erfahre ich von seinem „Lebenseinbruch“ als seine ehemalige Ehefrau ihn mit einem Golfclubbetreiber betrogen hat und er daraufhin seinen Lebensmittelpunkt schließlich in Cuxhaven gesucht hat. Den Ausdruck „Lebenseinbruch“ finde ich spannend. Ist es so gemeint, dass er – wie auf einem zugefrorenen See – im Eis des Lebens eingebrochen ist oder dass jemand – z.B. ein Golfclubbetreiber – in seinem Leben eingebrochen ist wie ein Einbrecher und etwas sehr wertvolles gestohlen hat? Egal wie es zu verstehen ist, er ist jetzt ein glücklicher Mann mit einer sympathischen Partnerin und einem selbstbewussten Hund. „Not willing to please“ berichtet mir das Paar, das finden sie an ihrem Hund so gut. Für ein Leckerli werden hier keine Kunststückchen gemacht und so machen die beiden das auch in ihrem Leben.

Wir gehen gemeinsam zum Autoparkplatz und er erzählt uns noch ein paar lustige Geschichten. Der Parkplatz ist sehr voll, viele Leute besuchen heute die Walhalla. Der E8 führt über den Parkplatz. Ich verabschiede mich von den dreien, die am nächsten Tag wieder nach Cuxhaven fahren wollen.

Heute ist ideales Wanderwetter und ich bin wieder alleine und das schon 50 Meter hinter dem Parkplatz. Der Unterschied könnte nicht größer sein. Es geht am Wald entlang, der hier sehr abwechslungsreich ist, immer wieder habe ich einen guten Blick auf die Donau und es macht mir Spaß zu wandern.

Zur Mittagszeit erreiche ich den Gasthof Hammermühle im Otterbachtal. Im Biergarten gibt es gutes typisch bayrisches Essen. Hinter der Hammermühle geht der Weg dann weiter.

Ich folge den grünen Dreiecken, die stellvertretend für die E8 Zeichen stehen sollen. Es geht den Bach entlang. Netzzugang ist die ganze Zeit Fehlanzeige. So verlasse ich mich auf die Wegmarkierungen grünes Dreieck vollständig. Es ist ein idyllisches Bachtal. Wald wechselt sich mit Wiesen ab, die ich für Teil des fürstlichen Tiergartens halte. Heute sind viele Spaziergänger aus der Oberpfalz unterwegs: ganze Familien mit kleinen Kindern, ein Paar trägt sogar ein kleines Baby vor dem Bauch, ein Betriebsausflug, mehrere Paare und natürlich auch Radfahrer.

Es bewölkt sich und ich komme gut voran. Schließlich erreiche ich eine Gaststätte, die lustigerweise „Zum Koreawirt“ heißt, zu der auch eine Straße führt, die dort endet. Allmählich zweifle ich dran, dass ich noch auf dem richtigen Weg bin. Eigentlich müsste ich wieder die Donau sehen, aber ich sehe nur den Otterbach und Wald. Mir begegnet ein Mann mit zwei großen Hunden und ich frage ihn nach dem Weg. Bald muss ich erkennen, dass ich im falschen Tal gewandert bin. Es gibt auch keinen anderen Weg als in Richtung Donau umzukehren. An der Straße versuche ich noch eine halbe Stunde mein Glück. Aber alle Autos sind schon voll und keiner nimmt mich mit. Also wieder dem Bachlauf entlang abwärts zur Hammermühle, wo ich wahrscheinlich falsch abgebogen bin. So sehe ich heute das Otterbachtal auch von der anderen Seite, diesmal mit Wiedererkennungswert. Ist auch ganz schön.

Ich kehre zum zweiten Mal in der Hammermühle ein und bekomme dort auch ein Zimmer. Morgen versuche ich es dann nochmal, nach Wörth an der Donau zu kommen.

Back on the Trail: Im Donautal von Regensburg nach Donaustauf

In aller Frühe stehe ich auf und schreibe noch einen Willkommensbrief für meine Tante, die noch in England Enkelkinder hütet und nächste Woche wieder nach Bad Kreuznach kommen wird. Ich verlasse das Haus zum zweiten Mal mit voller Wanderausrüstung, nur diesmal 2 Kilogramm leichter. Ich habe ein paar Dinge, wie das Fernglas, weggelassen. Dafür sind neu dabei: Fersensocken, auf Anraten meiner Fußpflegerin für den rechten Fuß.

Mit dem Regionalzug geht es nach Mainz und dann mit 29 Minuten Verspätung im IC nach Regensburg. Zugfahren in Coronazeiten ist für mich immer noch ungewohnt. Alle tragen Maske und versuchen versetzt zu sitzen oder einen Platz Abstand zu halten. Das gelingt nicht immer, da zuviele Passagiere mitfahren. Ich bin immer gerne Zug gefahren, weil es immer wieder zu Begegnungen gekommen ist, die ganz besonders waren. Heute sind alle eher für sich, beschäftigen sich mit ihren Handys, Gespräche mit den anderen kommen eher nicht zustande. Nur der junge Mann, der mir schräg gegenüber sitzt, spricht mich an. Ihm wird gerade übel, weil er mit dem Rücken zur Fahrtrichtung sitzt. Wir tauschen die Plätze und es geht ihm schnell wieder besser, aber ein Gespräch kommt nicht zustande. Ich stelle mir kurz vor, wie das Gespräch mit ihm sein könnte. In der Phantasie gebe ich im sogar einen Namen: Julius, der sich auf dem Weg zu einem Bewerbungsgespräch ist und der einen nervösen Magen besitzt. Jetzt kann ich aber die junge Frau, die mir schräg gegenüber sitzt, besser sehen. Eine schöne, dunkelhaarige, große Frau, die nach Wien fährt, um dort mit ihrer Familie Urlaub zu machen. Auf ihrem Handy steht „Paulina“.

In Regensburg fällt mir schon am Bahnhof auf: hier gibt es viele schöne Frauen. Ein ehemaliger Kollege von der Postbank Systems würde jetzt sagen: „Die Schnittendichte ist hier sehr hoch!“. Der Eindruck bestätigt sich, als ich durch die bereits gesehene Altstadt wandere. Eine der schönen Frauen darf ich sogar kennenlernen. Ich treffe eine dreissigjährige Moldawierin namens Eva, die als Physiotherapeutin in Regensburg arbeitet. Sie fährt regelmässig nach Hause, indem sie von Memmingen aus für 40-50 Euro nach Moldawien fliegt. Ich staune, dass ist wirklich günstig. Sie spricht kaum Deutsch, aber sehr gut Englisch. Für ihre Arbeit reicht es und es gefällt ihr hier gut. Keine Korruption und alles so schön sauber. Dabei lacht sich mich mit ihren grünen Augen an.

Ich wandere über die Donaubrücke. Der Weg ist gut ausgeschildert. Es geht an der Donau entlang flussabwärts. Auf der Donau kann ich Ausflugsboote erkennen. Die Stadt selber ist hier vor allen Dingen Gewerbe- und Neubaugebiet. Hier gefällt mir Regensburg gar nicht. Inzwischen hat ein starker Wind angefangen zu blasen. Glücklicherweise kommt er von der Seite oder von hinten.

Ich erreiche die Stadtgrenze. Der Weg ist fast eben und gleichzeitig auch ein Radweg. Zu meiner Linken kommt ein Naturschutzgebiet. Vor allen Dingen alte Obstreuwiesen. Ich freue mich wieder richtig auf dem Weg zu sein.

Der Wind wird immer stärker. Trotz des starken Winds bleibt mein Hut auf dem Kopf. Ich bin überrascht. Den Hut muss ich noch nicht einmal mit der Hand festhalten, der Strohhut sitzt auf meinem Kopf wie festgeklebt. Der Weg ist gut zu laufen und prima zum Einlaufen nach drei Wochen Pause. War in der Stadt die „Schnittendichte“ hoch, ist es hier die „Sitzbankdichte“. Ich könnte alle 200 Meter Sitzpause machen.

Ich erreiche am späten Nachmittag den Ort Donaustauf. Der alte Stadtkern ist gut erhalten und die Hauptstraße ist charakterisiert durch eine einzige fast geschlossene Häuserfassade auf jeder Straßenseite. Eine preisgünstige Unterkunft kann ich nicht finden. Der Wind ist immer stärker geworden und ein älterer Mann erzählt mir, dass ein Föhnsturm über die Nacht aufziehen soll. Vielleicht ist es keine gute Idee, gerade heute mit dem Übernachten in der freien Natur zu beginnen. Ich kriege dann noch ein Zimmer in einem teuren Vier-Sterne-Hotel. Die freundliche Empfangsdame macht mir sogar einen Sonderpreis. Ich kriege die Standardpauschale für einen Seminarteilnehmer. Wie passend. Die Sauna ist inklusive.

An der Donau: Weltenburg – Kelheim

Am Morgen gehe ich als allererstes wieder zum Kloster an die Donau. Ich will mit einem Boot durch den Donaudurchbruch fahren. Doch schon erlebe ich die erste Enttäuschung: die Donau hat einen so niedrigen Wasserstand, dass die großen Ausflugsschiffe heute nicht fahren dürfen. Doch die Frau an der Schifffahrtskasse gibt mir einen Tip: Es gibt kleine Boote, die man buchen kann, und manchmal an der Donau warten, keine 200 Meter von dem Kloster entfernt. Und tatsächlich ich finde ein Boot mit seinem Steuermann an der Donau. Für 15 Euro würde er mich durch den Donaudurchbruch fahren. Falls noch andere Passagiere dazukommen, wird es entsprechend billiger. Ich beschließe zu warten und tatsächlich nach 10 Minuten ist unser Boot voll und es geht los. Jetzt kostet die Passage für mich 4 Euro.

Es ist wunderbar am Morgen auf der Donau zu fahren. Donaudurchbruch heißt die Stelle, weil die Donau hier am engsten und tiefsten in ganz Bayern ist. Über 100 Meter hohe Felsen ragen am Ufer hervor, an denen sogar geklettert wird. Der Schiffsführer erzählt, dass hier die längsten Kletterfelsen nördlich der Alpen in Bayern seien. Alles ist noch herrlich frisch, ruhig und die Sonne brennt noch nicht so. Einige Menschen schwimmen schon in der Donau.

Nach 20 Minuten verlasse ich das Boot und wandere der Donau entlang bis nach Kelheim, wo ich mit Aloha verabredet bin. Als ich in Kelheim an der Bootsanlegestelle ankommen, traue ich meinen Augen nicht ganz. Die Großfamilie mit den Windhunden von gestern steht auf dem Weg und erkennt mich auch gleich wieder. Eigentlich wollten sie einen Schiffsausflug nach Weltenburg machen, aber die Schiffe fahren ja heute bekanntermaßen nicht. Ich versuche ein paar Tips zu geben und nutze die Gelegenheit, auch ein paar gute Fotos von den Hunden zu machen. Auf einmal stehe ich mitten in der Großfamilie und jeder versucht mit mir ein paar Worte zu wechseln. Eine richtig nette Familie, die entweder Sommer oder Herbst mit Nachnamen heißen. Das Familienoberhaupt schüttelt mir ganz am Schluss auch noch ganz uncoronamässig die Hand. Ich bin gespannt, ob mir diese sympathische Familie noch einmal begegnen wird.

Ich versorge mich in Kelheim mit Getränken und verbringe die Wartezeit mit dem Beobachten von Menschen. Heute ist Markt in Kelheim und das Standesamt hat offen und das an einem Samstag. Zwei Hochzeiten! Und eine Hochzeit ganz in Tracht.

Ich hole Aloha vom Bus ab. Sie hat schon eine aufregende Anreise aus dem Rhein-Main-Gebiet nach Kelheim erlebt und ist einem Bilderbuchmenschen begegnet, der ihr das Busticket spendiert hat, weil sie nicht genügend Bargeld mit dabei hatte. Jetzt hat sie Hunger und wir gehen echt bayrisch Weisswürste mit Brezeln und Bier (ja schon wieder) essen und trinken.

Danach ist uns erst mal richtig warm geworden und wir beschließen, in der Donau baden zu gehen. Herrlich! Die Donau hat die Wasserqualität Stufe 2. Stufe 1 ist Trinkwasserqualität. Nur aufpassen muss man, dass einen die Strömung in der Mitte des Flusses nicht einfach mitreißt. Wieder an Land, beobachten wir die Menschen, die vorbei flanieren. Highlight ist eine Dame mit gelben Kleid und pinkem Sonnenschirm. Der Kontrast zum blauen Himmel und dem grünen Pflanzen könnte nicht schöner sein. Aloha wird nach einiger Zeit auf ein gutaussehendes Pärchen aufmerksam, die flussaufwärts in die Donau springen und nach kurzer Zeit flussabwärts wieder an Land gehen. Flussschwimmen!!! Ich hatte das schon in der Schweiz gesehen und bin auf die Schweizer ganz neidisch, weil inzwischen Städte wie Basel oder Genf ihre Flüsse so gestaltet haben, dass man wunderschön dort im Fluss schwimmen kann. Auf einmal taucht sogar ein Mann bei uns auf und kommt ans Ufer. Er ist von Weltenburg in der Donau bis Kelheim geschwommen.

Sofort folgen wir dem Pärchen und probieren es aus. Es ist super! Der Fluss nimmt uns mit und wir lassen uns treiben. Wir müssen nur aufpassen, dass wir wieder an unserer Landestellen ans Ufer schwimmen. Unterwegs können wir uns an einen festgemachten Kahn hängen und lassen uns von der Donau langziehen. Sofort wiederholen wir das ganze und beschließen, nach Basel zu fahren und dort dann im Rhein zu schwimmen. Unsere Entdeckung des Tages.

Es ist so spät inzwischen geworden, dass sich ein Weiterwandern heute nicht mehr lohnt. Wir suchen uns ein Quartier, legen dort die Rucksäcke ab und besuchen die Befreiungshalle auf der Anhöhe bei Kelheim. Ein furchtbarer klassizistischer Bau, der von überall in der Stadt aus gut zu sehen ist. Es fängt das Regnen an und wir gehen in unseren Gasthof. Spanferkel, Wildschweinpflanzerl und schon wieder dunkles Weltenburger Bier warten auf uns. Wieder echt bajuwarisch. Und ich bin schon wieder betrunken. Soviel Bier wie ich in den letzen 36 Stunden getrunken habe, habe ich in den letzten 10 Jahren nicht.

Am raetischen Limes entlang zur Donau: Altmannstein – Weltenburg

Beim Frühstück erzähle ich dem Wirt von meinem Tagesziel Weltenburg. Sofort berichtet er mir, dass die Altmannsteiner Katholiken jeden Pfingstmontag eine 15 km lange Wallfahrt nach Weltenburg innerhalb von drei Stunden machen würden und das mit Kindern! Ich bin beeindruckt, vermute aber, dass sie den direktesten Weg über die Landstraßen gehen müssten. Der E8 verläuft ein bisschen anders und ist auch länger.

Bei blauem Himmel und Sonnenschein gehe ich los. Zuerst durch den Wald auf die Höhe und dann folge ich wieder dem Limes. Im Wald finde ich einen riesigen Champignon, der locker für ein Abendessen gereicht hätte. Zum Vergleich habe ich ein Eurostück darauf gelegt. Der Teil des Limes wird hier auch „Teufelsmauer“ genannt. Es geht den Wald entlang und an Dörfern vorbei, mehr oder weniger schnurgerade Richtung Osten bis zur Donau.

Ich komme an riesigen Hopfenfeldern vorbei. Hier wird also ein Teil des so wichtigen Naturstoffes für Bayerns Drogenindustrie angebaut. Die Bauern sind auch fleißig dabei, die Felder zu pflegen, einer sieht so aus, als ob er den Hopfen spritzen würde. Ob sich das mit dem bayrischen Reinheitsgebot verträgt?

Gegen Mittag komme ich an ein kleines Wäldchen und wen sehe ich da? Richtig: einen Wanderer, der es sich im Schatten gemütlich gemacht hat. Spontan frage ich ihn, ob ich mich dazu gesellen kann. Er ist seit drei Tagen unterwegs und plant bis zum 23. August den Limes entlang in Richtung Nordwesten zu wandern. Es ist auch nicht seine erste Tour und er hat alles dabei, um im Freien übernachten zu können. Er optimiert immer wieder seine Ausrüstung. Diesmal hat er einen Trinkschlauch dabei, so daß er jederzeit Wasser trinken kann, ohne den schweren Rucksack absetzen zu müssen. Und ein Solarpanel, mit dem er sein Smartphone laden kann und das als Lampe dient. Letzte Nacht hat er in einem rekonstruierten Wachturm auf dem Limes übernachtet.

Währenddessen wir uns unterhalten, kommt eine Großfamilie aus dem nahegelegenem Dorf mit Windhunden vorbei, die zur 500 Meter entfernten Waldkapelle pilgern. Sie haben sogar ein nettes Familienoberhaupt dabei. Ich denke an die Altmannsteiner Wallfahrer und muß über die 1 km Wallfahrt der Großfamilie schmunzeln.

Frisch gestärkt von soviel Gesellschaft, wandre ich den Limes weiter. Im Wald wandere ich sogar direkt auf den Überresten der Mauer, die immer noch als eine Art Wall, der bis zu 1,2 Meter hoch sein kann, erkennbar sind. Es ist inzwischen früher Nachmittag und brütend warm geworden. Kein Wölkchen am Himmel. Wenn ich im Schatten wandere, stören nur die Mücken und Bremsen. Wenn ich in der Sonne wandere, spüre ich die warme Luft an meinen Beinen aufsteigen und sehe wie die Luft in der Hitze flirrt. Hoffentlich komme ich bald an die Donau. Vielleicht kann ich da sogar baden.

Ich erreiche den rekonstruierten Limesturm und mache dort Rast. Von dort oben hat man einen guten Ausblick und ich mache ein Zimmer für Weltenburg telefonisch klar. Gerade als ich wieder aufbrechen will, kommt ein Paar in einem schwarzen Oldtimer VW Käfer Cabrio angefahren, um auch den Turm zu besichtigen. Das Auto erinnert mich sofort an den VW Käfer meiner Großeltern, in denen mein Bruder, ich und deren Dackel immer mitgefahren sind. Der Cabrio hört sich genauso an.

Das Paar stellt sich als sehr nett heraus. Beide leben in Bonn und er kommt gebürtig aus Ingolstadt, so dass sie immer wieder Urlaube in der Region machen. Die Frau fragt mich, wohin ich heute noch will. Als sie Weltenburg hört, bietet sie mir spontan an, dass ich mitfahren könnte. Super! Inzwischen ist es wärmer als gestern geworden und ich hatte schon angefangen zu rechnen, wie schnell ich laufen muss, um die letzte Fähre über die Donau noch rechtzeitig zu erreichen.

So darf ich – ganz stilvoll im Cabrio – mit den beiden zum Kloster nach Weltenburg fahren. Wir unterhalten uns so angeregt, dass wir unsere Pläne ändern und den Nachmittag im Klosterbiergarten verbringen und das weltberühmte Weltenburger Bier trinken. Wir sprechen über alles mögliche: Wandern, Führungskräfte bei der Arbeit, Unterschiede zwischen Mann und Frau, ob Schloß Neuschwanstein Kitsch ist, was würden wir einem Touristen empfehlen bei einem 7-tägigen Deutschlandbesuch (ich bin gegen Neuschwanstein!) und Architektur (ja, den Dom von Neviges sollte man einmal im Leben gesehen haben, selbst wenn das die wenigsten Deutschen wissen).

Am Ende ist es Abend geworden und ich bin betrunken. Ich verabschiede mich von den beiden, die noch im Fluß baden wollen und gehe der schönen blauen Donau entlang zu meiner Herberge.

Morgen treffe ich mich mit einer ehemaligen Kollegin (aloha) in Kelheim. Wir wollen dann am Wochenende bis nach Regensburg gemeinsam wandern. Ich beschließe, mir auf dem morgigen Weg nach Kelheim den Donaudurchbruch anzuschauen.

Im Altmühltal: Denkendorf – Sandershausen – Altmannstein

Denkendorf liegt direkt an der Autobahn. Meine Unterkunft liegt am Rande des Ortes und damit relativ weit weg von der Autobahn. Hier ist es ländlich. Der Wirt teilt mir mit, dass um 7 Uhr seine Frau und er im Wald seien und ich dann der letzte im Hause wäre und bitte die Tür hinter mir zu ziehen solle, wenn ich los wandere. Soviel Vertrauen ist auf dem Land selbstverständlich. In Frankfurt wäre das undenkbar. Wenn ich alleine daran denke, wie oft unsere Autos aufgebrochen wurden… Ich verlasse das Haus und gehe in Richtung Autobahn. Der Ort ist zuerst ein verschlafenes Nest und wird dann immer aktiver und aktueller je näher ich der Autobahn komme. Es gibt sogar 2 Edekaläden, die nur 200 Meter auseinander liegen. Der eine ist eher beschaulich, teilweise mit leeren Regalen und an der Kasse sitzt ein leicht übergewichtiger und verschlafener Mann, der andere Lande ist schick, die Regale platzen aus allen Nähten und an den Kassen sitzen hübsche und aufmerksame Mädchen. Auch das Angebot der Bäckerei daneben ist viel besser. Die Ladendichte und -qualität scheint direkt proportional zur Entfernung zur Autobahn zu sein. 

Ich unterquere die Autobahn und gehe am nächsten Kreisel links. Hier ist alles schon ganz auf Limes eingestellt. Auf dem Kreisel ist sogar ein Limesdenkmal. Ich folge wieder dem Limesweg in Richtung Osten. Schnell wird es ruhiger und ich höre die Autobahn nicht mehr. Das Wetter ist schön und sonnig. Mein Vater würde sagen: „Ein Wetter zum Heldenzeugen!“. Seit langem komme ich wieder durch ein größeres durchgängiges Waldstück. Der Weg selber führt am historischen Limes entlang, direkt daneben liegt eine kurz gehaltene grüne Wiese. Es wirkt dadurch ein bisschen wie eine Parklandschaft.

Schon seit Tagen konnte ich kein Wild mehr beobachten. Ich wandere den Weg entlang und stelle mir die römischen Legionäre vor, die hier ihre Wachgänge gemacht haben und das römische Reich vor den brutalen Germanen beschützt haben. Auf einmal reißt mich ein Grunzen aus den Gedanken: Wildschweine! Und nicht nur ein paar, sondern eine große Rotte mit mehreren Bachen und schon groß gewordenen Frischlingen. Mitten am Tag und in aller Ruhe suchen sie etwas zu fressen. Wahrscheinlich haben sie noch nichts davon gehört, dass sie zur Jagd freigegeben sind, um die Gefahr einer Schweinepest zu reduzieren. Ich gehe vorsichtig weiter,  da so ein wütendes Wildschwein durchaus für Menschen gefährlich werden kann. Die Schweine lassen sich durch mich nicht stören.

Ich wandere den Limes entlang bis ich in das Dorf Sandershausen komme. Inzwischen ist es richtig warm geworden und ich mache Rast in dem Gasthof. Sandershausen wird von einem imposantem Schloß und dazugehöriger Brauerei dominiert. Der zugehörige Adlige soll seinen Stammbaum angeblich bis auf die Römer zurückführen können.

Schloß de Basso

Im Gasthof erzählt mir die Wirtin, dass der Seehofer nur zwei Kilometer entfernt sein Haus hätte. Sie wird von den Stammgästen aus dem Dorf korrigiert: „dem Seehofer seine Frau!“. Ja, die Karin, würde sie aus Schulzeiten gut kennen und sie könne sofort erkennen, wenn der Seehofer hier seine Freizeit verbringen würde: an den Autos und der Security. Die Wirtin erzählt gerne. Als ich ihr mitteile, dass ich heute auf dem Limesweg unterwegs sei, berichtet sie von Menschen, die als römische Legionäre gekleidet und bewaffnet den Limesweg machen würden. Dabei muss sie lachen. Ich kann aber bei diesen Menschen gut mitschwingen. Das muss schon cool sein, so als römische Patrouille den Limesweg entlang zu marschieren und sich vorstellen, dass man gleich auf die barbarischen Germanen zum Scharmützel trifft. Es ist inzwischen heiß geworden. Der heißeste Tag meiner bisherigen Wanderschaft. Die Wirtin empfiehlt mir, den Limesweg zu verlassen und lieber den Radelweg nach Altmannstein zu nehmen, da er schattiger und interessanter sei. 

Der Radelweg ist in der Tat gut ausgebaut und genutzt von Radlern. Zum ersten Mal in meinem Leben sehe ich eine richtig lange Leitplanke nur für Radfahrer. Wahrscheinlich sind die Radfahrer inzwischen so schnell geworden, dass es schlimme Unfälle gegeben hat und man dann entsprechend bauliche Maßnahmen unternommen hat. Auch fällt mir eine lange Reihe von bemalten Steinen auf, die den Weg säumen. Sie sehen teilweise so aus, als ob Kinder sie bemalt hätten. Motive sind u.a. die Simpsons, Tiere oder kleine Comcfiguren. Sie sehen alle sauber aus. Sie können noch nicht allzu lange da liegen. Aber kein Hinweis auf ihre Bedeutung oder wer sie dahin gelegt hat.

Schließlich komme ich in Altmannstein an, bevor meine Socken sich in Rauch auflösen. Altmannstein hat glücklicherweise ein Freibad! Die Besonderheiten dieses Freibades sind, dass man die Bahnen quer eingeteilt hat und dass im ganzen Schwimmbad ein Einbahnverkehr eingerichtet wurde. Das ist für mich sehr gewöhnungsbedürftig. Die Erfrischung unter bayrisch blauen Himmel tut aber gut.

Altmannstein am Abend

Morgen muss ich noch früher aufstehen, es soll wieder heiß werden.

Im Altmühltal: Gungolding – Böhming – Kipfendorf – Denkendorf

Heute ist ein guter Tag. Das Wetter ist schön und ich habe einen „guten Fuß“. Gungolding scheint sehr katholisch zu sein. Obwohl sehr klein, hat es zwei Kirchen. Die eine Kirche hätte ich fast nicht erkannt, weil sie aussieht wie ein Mehrfamilienhaus. Aber welches Mehrfamilienhaus hat schon einen eigenen Glockenturm? Ab dieser Kirche ist der Weg mit Stationen des Kreuzweges ausgestattet bis zu der anderen Kirche, die am oberen Ende des Dorfes beim Friedhof steht.

In Oberbayern finde ich bis jetzt keine E8 Wegmarkierungen mehr. Auch meine Kompass App zeigt den E8 nicht mehr an. Ich orientiere mich an den Plänen im Internet und merke mir den Weg. Dann sehe ich nach den lokalen Panoramawegen, die meistens zum europäischen Fernwanderweg parallel verlaufen. Schade, in Mittelfranken bin ich, was Wegmarkierungen betrifft, echt verwöhnt worden.

Nach dem Friedhof geht es von der Straße ab und rechts hoch auf die Gungoldinger Wacholderweide. Die Wacholderbeeren sind inzwischen reif. Ich probiere eine. Pfui, sie sind hart und schmecken zwar wacholderig, aber auch bitter. Vielleicht doch eher als Gewürz zu gebrauchen. Der Weg ist gut zu laufen und ich habe eine tolle Panoramansicht. Es stehen auch immer wieder Sitzbänke rum und laden zum Verweilen und Gucken ein.

Es geht wieder talabwärts durch den Ort Arnsberg und über die Altmühl. Arnsberg hat oben auf der Höhe eine Burg stehen. Dort ist ein Hotel. Das muss schon cool sein, dort mal zu übernachten und dann mit dem Blick auf Arnsberg den Tag zu beginnen. Es geht den Wanderweg steil hoch, glücklicherweise gut beschattet. Von oben habe ich eine tolle Aussicht. Sogar der Aufstieg fällt mir heute leicht. Obwohl es schon warm ist, schwitze ich sogar weniger.

Es geht wieder abwärts ins Tal. Ich komme durch den Ort Böhming. Irgendjemand hier im Dorf hat sein Poesiealbum auf die Straße verlegt. Immer wieder tauchen Tafeln mit positiv gestimmten Texten auf. Heute brauche ich diese Art von Unterstützung nicht. Es ist ein guter Tag. Ich mache Rast an der Altmühl, schaue auf den Fluß und denke an den alten Mann von gestern.

Es geht wieder auf die Höhe. Ich folge dem sogenannten Limesweg und tatsächlich nach einiger Zeit taucht ein rekonstruierter Limesturm auf. Und wen sehe ich dort? Keine kriegsmüden römischen Legionäre auf der Wacht am Limes, sondern zwei echte Wandersmänner, die es sich dort im Schatten gemütlich gemacht haben und ihre Blessuren verarzten.

Ich bin in Redelaune und gesellen mich zu ihnen. Anfangs schauen beide noch ein bisschen skeptisch, aber wir kommen schnell ins Gespräch. Beide wandern schon seit 20 Jahren gemeinsam. Die beiden sind gestern gestartet und biwaken im Freien. Sie haben dafür alles dabei, inclusive Verpflegung. Das macht sich am Gewicht der Rucksäcke bemerkbar, die bestimmt noch mal 10 kg schwerer sind als meiner. Sie haben sogar ein paar überraschende Dinge dabei: Aquarellfarben und -papier und eine tolle Fotoausrüstung mit Objektiven und Stativ. Der kleinere hätte gern den Kometen damit fotografiert. Dem einem schenke ich ein Blasenpflaster für seinen Fuß. Beide sind gut entspannt. Für sie ist es Luxus, im Wald zu biwaken, dort wo sie es schön finden und keiner für Geld hinkommen kann. Dort kochen sie sich dann etwas leckeres.

Wir machen gemeinsame Fotos am Turm. Natürlich kommt da auch das Stativ zum Einsatz. Die Fotos kriege ich dann noch später.

Als wir uns verabschieden, wünscht mir der kleine: „Viel Erfolg!“. Ich frage nach, was Erfolg denn bedeuten würde? Die Antwort lautet: „Heil anzukommen!“ und ich führe fort „und gesund wieder zurück zu kommen!“. Der große nickt versonnen und sagt: „Was Schönes erleben.“ Den beiden traue ich zu, dass sie „viel Erfolg“ bei ihren Wanderungen haben.

Am Limesturm

Ich wandere weiter und komme nach Kipfendorf. Ein letztes Mal überquere ich die Altmühl Richtung Osten. Kipfendorf ist ein kleiner Ort, aber hat eine tolle Infrastruktur. Neben einem Freibad (nein, diesmal bin ich nicht ins Wasser gesprungen), einer riesigen Metzgerei (in der ich mir etwas zu essen geholt habe) gibt es eine netten Marktplatz. Der Marktplatz wird heute fast ausschließlich für die Sitzplätze von einem Café genutzt, die ein tolles Eis und Kuchen haben. Es gibt auch ein Schloß und ein Römer- und Bajuwarenmuseum. Also ein Besuch in Kipfendorf lohnt sich auf jeden Fall.

Gut gestärkt, nehme ich den steilsten Anstieg des Tages in Angriff. Ich komme an dem Schloß Kipfenberg und dem Museum vorbei. Der Limesweg führt mich auch an den geographischen Mittelpunkt Bayerns vorbei. In Sonthofen war ich damals ziemlich weit von diesem Mittelpunkt entfernt gewesen.

Ich folge dem Limesweg zuerst durch den Wald und dann an Feldrändern und Wäldern vorbei nach Denkendorf. Dabei begegnet mir ein ungarisches Paar, die gemeinsam Sport machen. Sie joggt und er begleitet sie auf dem Fahrrad. Wir unterhalten uns und ich erzählen ihnen von meinem Vorhaben. Sie empfehlen nach ein bisschen Überlegen – anstatt nach Polen – nach Ungarn zu wandern und über das Donauknie nach Budapest. Die Putza nicht zu Fuß passieren und dann am Eisentor über Serbien nach Rumänien zu gehen. Das hört sich interessant an. Den Vorschlag werde ich mir überlegen.

Am Abend erreiche ich Denkendorf. Die A9 kann man gut hören. Ansonsten ist kaum jemand unterwegs. Heute fühle ich mich nicht müde und hätte gut weitergehen können. Aber es fängt an dunkel zu werden und ich beziehe Quartier.

Im Altmühltal: Eichstätt – Gungolding

Es ist schon beim Start in den Tag warm. Aus Eichstätt geht es erst einmal mit einem steilen Anstieg auf die Höhe. Einmal oben bin ich schon vollkommen nass geschwitzt. Ich komme an abgeernteten Getreidefeldern vorbei, in der Nähe von Eichstätt gibt es kaum schattenspendende Wälder. Ich komme mir ein bisschen wie ein Tramp im Mittleren Westen der USA vor. Die müssen sich ähnlich gefühlt haben: heiß und der Weg und Horizont haben kein Ende. Der Höhenwanderweg geht hier in einer weiten Schlaufe von der Altmühl weg, so dass ich auch keine interessanten Talblicke habe.

Gegen Mittag wird es bewölkter, aber es ist auch schwül geworden. Inzwischen bin ich auf Waldwegen unterwegs. Buchenwald wechselt sich mit Fichtenwald immer wieder ab. Die Wälder sind hier aufgeräumt und werden wahrscheinlich wirtschaftlich gemanagt.

Am frühen Nachmittag erkenne ich, dass die Wolkenwand immer dichter und dunkler wird. Ich fange an, mich zu beeilen. Ich möchte nicht schon wieder in ein Unwetter kommen. Gestern sind auch nicht alle Sachen richtig trocken geworden. Die Schuhe waren heute morgen innen immer noch feucht.

Auf dem Weg ist es ereignisarm und ich bin mal wieder in einem Funkloch. Ich muss aufpassen, dass ich keine Wegmarkierungen verpasse. Wenn ich einfach so dahin wandere, falle ich manchmal in eine Art Trancezustand. Ihr kennt das vielleicht, wenn ihr mit eurem Auto tagein, tagaus die gleiche Strecke fahren müsst. Ihr seid so automatisiert, dass ihr gar nicht mehr bewusst wahrnehmt, wie ihr eigentlich gefahren seid. Der Unterschied zu mir ist, dass ich die Strecke, die vor mir liegt, noch nie gegangen bin. Ein weiterer Unterschied ist, dass ich manchmal ins Tagträumen komme und dann nicht mehr richtig weiß, habe ich mir das jetzt eingebildet oder ist es wirklich passiert.

Sowas passiert mir heute wieder. Ich sehe, wie mir eine weiße Gestalt entgegenkommt. Beim Näherkommen stelle ich fest, dass es sich um eine junge Frau handelt, in einem weißen Kleid, mit hellem sommerlichen Hut mit breiter Krempe und einem leichten Schal, den sie um den Hals gewickelt hat. Beim Vorbeigehen schaut sie mich kurz an und lächelt. Ich bin irritiert: Einbildung oder Wirklichkeit? Ich drehe mich um, aber sie ist schon nicht mehr zu sehen.

Jetzt muss ich aber schleunigst weiter. Erste Tropfen Regen spüre ich schon. Die letzten Kilometer machen mir keinen Spaß, da ich versuche vor der Gewitterfront davon zu laufen.

Endlich erreiche ich meinen heutigen Zielort: Gungolding. Ich gehe wieder ruhiger, jetzt sind es vielleicht noch 500 Meter bis zum Gasthof. Ich komme an die Brücke über die Altmühl. Vor mir sehe ich einen alten Mann im Rollstuhl, der mühsam versucht die Steigung hochzukommen. Mit den Worten „darf ich schieben?“ nehme ich die Griffe in die Hände und schiebe ihn auf die Brücke. Er will nur bis zur Brückenmitte. Er bedankt sich bei mir und erklärt, dass von hier aus der Blick auf die Altmühl am schönsten sei und er das jeden Abend so machen würde. Befriedigt gehe ich weiter. Jetzt fühle ich mich gut.

Blick auf die Altmühl in Gungolding

Ich erreiche den Gasthof. Ich werde in oberbayrischer Mundart begrüßt. Ich habe heute die Sprachgrenze vom Fränkischen ins Oberbayrische überquert. Im Hintergrund höre ich das Gewitter. Heute erreicht es mich nicht und zieht einfach nur vorüber.

Im Altmühltal: Dollnstein – Eichstätt

Heute morgen regnet es. Deshalb breche ich erst am Vormittag bei bewölktem Himmel später als sonst auf. Auf dem Weg durch Dollnstein begegnet mir ein Damenquartett. Unser Weg hatte sich gestern schon zweimal gekreuzt. Wir grüßen uns kurz und schon ziehen sie leichtfüßig vor mir weg.

Auch am Sonntag ist reger Bootsbetrieb auf der Altmühl. Auch heute ist kein Platz für mich frei. Ich laufe durch die mittelalterliche Stadt durch das Peterstor raus. Rechts nach dem Tor geht es bald wieder auf den E8. Ein kurzer Anstieg und ich wandere auf halber Höhe die Altmühl entlang. Es ist ein schöner Weg. Heute sind auch mehr Menschen auf dem Wanderweg unterwegs als ich es bisher gewöhnt bin. Viele Spaziergänger, die einfach an ihrer sommerlichen Kleidung zu erkennen sind.

Um die Mittagszeit suche ich eine Sitzgelegenheit zum Rast machen. Und – welch eine Überraschung – hole das Damenquartett ein, die gerade ihre Pause auf einer Bank beenden. Sie überlassen mir großzügig die Sitzbank und ich kann bei einer schönen Aussicht meine Brotzeit essen.

Ich folge weiter den Weg bis Obereichstätt und passiere den Ort oberhalb. Dann geht es steil bergauf. Es geht ein Stück durch den Wald und ich komme ordentlich ins Schwitzen. Fast oben angekommen liegt ein Stück Wiese, auf der eine fast 30 Meter lange Sitzbank steht. Die Bank ist aus einem einzigen Baum gefertigt worden! Man hat den Stamm einfach halbiert und als Sitzbank mit Talblick aufgestellt. Absolut coronatauglich!

Auf der langen Bank sitzen …

Von dort aus geht es weiter auf eine breite Hochwiese. Mir fallen Modellflieger auf. Trotz des aufkommenden starken Windes schaffen es die Piloten am Boden ihre kleinen Flugzeuge sicher zu fliegen. Manchmal fliegen sie so nah an mir vorbei, dass ich mir ernsthaft überlege, was ich tun muss, falls mir einer doch zu nahe kommt.

Als ich die Männer erreiche, fangen diese auf einmal an ihre Flugzeuge zu landen und abzutransportieren. Sie machen mich auf eine Regenfront aufmerksam, die rasch näher kommt.

Und tatsächlich schon fängt es an zu tropfen. Ich ziehe mir sicherheitshalber meine Regenjacke über.

Ich komme an einem Steinbruch vorbei. Überall Kalksteinplatten. Es sieht aus wie ein riesiger Scherbenhaufen. Ich höre es Donnern. Nicht nur einmal, sondern es ist wie ein richtiges Donnerrauschen. Ich bin irritiert und gucke nach Blitzen. Doch ich kann keine sehen. Der Wind wird immer stärker. Ich bin irritiert, ist das vielleicht doch kein Donnern, sondern vielleicht ein Windgeräusch, das bei diesem Steinbruch entsteht.

Jetzt fängt es an immer stärker zu regnen. Nichts zum unterstellen, ich bin inzwischen auf einem freien Feld. Der Wind treibt den Regen fast horizontal über den Boden. Ich werde richtig durch und durch nass. Meine Schuhe laufen voll Wasser. Zwei, drei Autos fahren an mir vorbei. Die Modellflugzeugpiloten. Keiner kommt auf die Idee anzuhalten und mich mit zu nehmen. Ich fange an zu laufen, um in ein nahegelegenes Wäldchen zu kommen und mich unterzustellen. Dabei meide ich die hohen Bäume, da das Donnern kontinuierlich weitergegangen ist. Blitze kann ich immer noch nicht sehen. Ich muß an den ukrainischen Fußballspieler denken, der letzte Woche beim Einspielen vom Blitz getroffen wurde. Auf dem Video war auch kein Gewitter zu erkennen.

Schließlich hört es auf. Kurz darauf scheint die Sonne. Ich folge dem E8 und steige in das Tal hinunter. Schnell komme ich an menschliche Behausungen vorbei und überquere die Altmühl und laufe auf einem Fahrradweg wieder dem Fluß entlang. Dabei kann ich die imposante Willibaldsburg Eichstätt sehen. Willibald war einer der englischen Geschwister, deren Geschichte mir schon im Kloster Heidenheim begegnet war. Eichstätt war die erste Klostergründung von Willibald im 8. Jahrhundert gewesen. Die Burg kommt mir riesig vor.

Auf der ersten Bank setze ich mich und ziehe mir Schuhe und Socken aus. Ich leere das Wasser aus den Schuhen und wringe die Socken aus. Die Sonne ist wieder da und schon sind die Radler unterwegs, die mich neugierig anschauen beim Vorüberfahren. Die Socken werden leider nicht so schnell trocken, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich beschließe, Schuhe und Socken wieder anzuziehen und möglichst schnell zu meiner Unterkunft zu kommen.

Ich komme unter einer Fußgängerbrücke durch. Und wen sehe ich auf der Fußgängerbrücke? Das Damenquartett, die ich weit vor mir gewähnt hatte. Wie hatte ich es geschafft, sie unbemerkt zu überholen? Die Frauen erkennen mich auch wieder und winken mir zu. Meine Tante in Bad Kreuznach würde jetzt sagen, dass ist kein Zufall mehr, das Universum schickt dir eine Nachricht. Wir unterhalten uns kurz und die Damen verraten mir, wo sie beabsichtigen heute Abend zu speisen: In der Brauereigastwirtschaft zur Trompete. Dann trennen sich wieder unsere Wege.

Ich erreiche meinen Gasthof und habe Glück, dass der Wirt auch gerade da ist, da sonst geschlossen wäre. Ein einfaches, aber günstiges Zimmer ist noch da. Auf dem Flur ist eine Dusche und ein WC. Für mich ist es gut genug. Ich beziehe das Zimmer, hänge meine Sachen zum Trocknen auf, mache mich frisch und dann ruhe ich mich aus. Die Naturdusche während des Unwetters war nicht so gut für meinen rechten Fuß, der immer stärker schmerzt.

Nach einer guten Stunde ziehe ich meinen letzten trocknen Sachen an und gehe von der Westenstraße in Richtung Ostenstraße. In der letzten Stunde hat es noch einmal gut geregnet und die Stadt dampft. Viele alte Gebäude, aber mit hübschen originellen Geschäften. Es gefällt mir, dass die Stadt voller Leben ist.

In der Ostenstraße ist die Brauereigaststätte zur Posaune gelegen. Just in dem Moment als ich vor dem Gasthaus ankomme, sehe ich das Damenquartett über die Straße gehen. Die Damen und ich haben den gleichen Biorhythmus, zumindestens was die Zeiten für die Nahrungsaufnahme betrifft. Ich muß lachen.

Im Gasthof bekomme ich ohne Reservierung keinen Tisch. Doch die vier Frauen nehmen mich großzügig auf und ich darf mit an ihren Tisch sitzen. Es sind drei Kusinen und eine Freundin, die schon öfters gemeinsam – auch längere Touren – gewandert sind, u.a. einen Teil des Jakobsweges in der Schweiz. Wir gehören zur selben Generation und unterhalten uns gut. Ich bin glücklich, mal wieder in Gesellschaft von netten und interessierten Menschen meinen Abend verbringen zu können. Heute meint es das Universum – trotz des Unwetters – gut mit mir.

Mit dem Damenquartett beim Abendessen

Ich mache morgen einen Pausentag in Eichstätt und werde mir die Stadt genauer anschauen und meine Anziehsachen wieder in Ordnung bringen.

Im Altmühltal: Solnhofen – Mörnsheim – Dollnstein

Ich frühstücke heute morgen in einer Café Bäckerei in der Altstadt von Solnhofen. Es herrscht bereits reger Betrieb und viele Tische sind von Tagesausflüglern besetzt, die sich hier sammeln. Die Bäckerei liefert gute Waren und ich kaufe mir gleich noch eine Brotzeit für unterwegs. Von meinem Tisch aus kann ich die sogenannte Sola-Basilika sehen und entscheide mich spontan diese zu besuchen.

Solnhofen ist ein Hot Spot der Geschichte! Das war mir persönlich gar nicht so bewusst. Es fängt schon mit der Geologie und Archäologie an. Hier gibt es sehr viel Kalkboden aus der Zeit als in diesem Teil der Erde ein Lagunenmeer war. Man hat hier u.a. eine Versteinerung des Archaeopteryx schon gefunden, als noch gar nicht klar war, dass das der Urvogel ist. Als nächstes während der christliche Missionierungsgeschichte in Deutschland. Die Basilika aus dem 8. Jahrhundert ist eines der ältesten christlichen Baudenkmäler in Deutschland. Bevor man zur Basilika einbiegt, sieht man die Statue eines Mannes stehen. Dieser hat den Lithographiedruck erfunden, der besonders gut mit Solnhofener Kalkplatten funktioniert. Und heute? Mein Freund aus Wachenheim hat mir heute geschrieben, dass er in seinem Eigenheim auch Kalkplatten aus Solnhofen genutzt hat. Und es gibt bestimmt noch mehr Dinge in Solnhofen, die ich heute noch nicht entdeckt habe. Dabei ist der Ort wirklich nicht groß.

Auf dem Weg zum E8 muß ich nach der Basilika die Altmühl wieder überqueren, dabei fällt mir ein Bootsverleih ins Auge. Mann, das wäre doch schön, die heutige Tour nach Dollnstein in einem Boot zu erleben. 3,5 Stunden bis Dollnstein verspricht ein Schild. Es soll heute sehr warm werden. Die Aussicht gemütlich auf dem kalten Wasser die Landschaft zu erleben, wirkt sehr verlockend auf mich. Ich gehe zum Bootsverleih und frage nach einer Möglichkeit, heute vormittag in einem Boot mitzufahren. Die Dame bedauert: Es ist Samstag und alles ist komplett ausgebucht. Es sind wirklich viele Boote an der Anlegestelle und ich insistiere. Doch keine Chance.

Ich wandere aus dem Tal raus auf die Höhe und komme auf einen Höhenweg an der Altmühl entlang. Hier ist das Tal relativ eng und es geht steil den Hang hinunter. Einige markante Felsformationen lockern das ganze auf. Vom Fluß her höre ich immer wieder Schreie und Juchzer. Ich kann die ersten Menschen sehen, die heute auf Booten die Altmühl herunterfahren. Mann, sind das viele! Es sieht aus wie eine lange Reihe von Booten. Manchmal fahren sogar drei oder vier Boote nebeneinander.

Heute geht es den ganzen Tag immer wieder runter ins Tal zur Altmühl und wieder rauf auf die Berghöhen. Runter an den Fluß heißt dann auch immer, es wird voll mit Menschen, die in Gasthäusern essen und trinken oder Radfahren oder Bootsfahrten unternehmen und dabei geräuschvoll sind. Rauf heißt, es wird menschenleer und ruhiger. Heute sind sogar mehr Spaziergänger unterwegs und ich treffe sogar so viele Wanderer wie in den ganzen fünf Wochen vorher zusammen nicht.

Auf dem Maxberg durchquere ich das Gelände der Firma, die seit über 150 Jahren die Solnfelder Kalksteinplatten erzeugt und in die ganze Welt exportiert. Mir gefällt das Label „in Litho Quality“. Ob mein Wachenheimer Freund seine Steine in Litho Quality gekauft hat? Ich glaube nicht, bestimmt werden diese einklassifizierten Steine nur für die Kunst- und Druckindustrie verwendet.

Nach dem Maxberg kommt Mörnsheim. Der Höhenweg kommt sehr nah an den Ort heran und man kann von oben alles gut und genau sehen. Und wieder einmal runter und dann gleich wieder rauf. Beim Raufgehen überholt mich ein Ehepaar, die mich heute schon eimal überholt hatte. Es ist ein wanderndes Ehepaar aus dem Siegerland, die mich auch wiedererkennen und die nächste halbe Stunde mit mir gemeinsam gehen. Sie fragen mich nach meiner Wanderung. Als er mich nach dem Gewicht des Rucksacks fragt, biete ich einen Rucksacktausch an, damit er das Gefühl selber erleben kann. Er lacht und wir tauschen die Rucksäcke. Sein Rucksack ist herrlich leicht, weil er nur für einen Tag Dinge schleppen muss. Es macht richtig Spaß mal wieder in Gesellschaft zu wandern und ohne Last geht das Wandern wie von selbst. Einen Träger zu haben ist schon eine feine Sache!

Wir unterhalten uns gut und nach einer halben Stunde wechseln wir wieder die Rucksäcke. Er lacht als er seinen eigenen Rucksack wieder trägt und sagt: „Der wiegt ja gar nichts!“. Dann verabschieden sich die beiden von mir als wir wieder im Tal sind.

Im Tal überquere ich auf einer Brücke die Altmühl und staune über die vielen Boote. Diesmal sind es Boote voller junger Männern mit entblößten Oberkörpern. Nach der Rötung der Haut zu schließen sind sie schon 2-3 Stunden auf dem Wasser. Durch mitgenommenes Bier bereits stark alkoholisiert. Und der Alkohol zeigt Wirkung, was ihre Risikoeinschätzung, Reaktionsvermögen und enthemmte Aggression anderen Booten gegenüber betrifft. Es passiert, was passieren muss: Ein Boot kentert! Ich hoffe, ihr könnt es auf dem Bild erkennen. Keine Sorge, es ist niemand zu schaden gekommen und die Abkühlung hat den Jungs bestimmt gut getan.

Es geht für mich heute ein letztes Mal auf die Höhe und ich wandere eine lange Flußschlaufe entlang. Es ist wirklich wunderschön hier oben und jedes Mal wenn ich Gekreische von der Altmühl höre, muss ich an das gekenterte Boot denken und an die Bootstour, die ich mal mit meinen Kindern und einer befreundeten Familie auf der Lahn unternommen hatte. Mein jüngster Sohn und ich waren auch gekentert. Alles – auch unser Gepäck – war damals total nass geworden. Der andere Familienvater hat dann immer gelästert: „Und habt ihr auch den charakteristischen Ruf des gemeinen Lahnreihers gehört?“. Gemeint hatte er damit, wenn ich den Namen meines jüngsten Sohnes brüllte, damit er ja sitzen bleibt und das Boot nicht wieder zum Kentern bringt.

Kurz vor 18 Uhr komme ich nach Dollnstein. Alle Gasthäuser sind ausgebucht mit Bootsfahrern, sogar die Essensplätze sind vergeben. Ich bekomme noch etwas Warmes zu essen, weil ich vor 18 Uhr angerufen habe.

Als ich heute ein letztes Mal die Altmühl überquere ist es schön ruhig (siehe Beitragsbild) Die Bootsverleihfirmen haben bereits alle Boote eingesammelt und aufgeladen und fahren sie wieder nach Solnhofen, damit auch morgen wieder möglichst viele Menschen die Altmühl auf dem Wasser erleben können.